Die Abteilung für Notfallmedizin (SBO) der Semmelweis Universität nimmt seit Auftreten des Coronavirus in Ungarn; die Klinik für Pneumologie ab dem 9-ten April 2020 an Versorgung von COVID-Patienten teil. In diesem Artikel wird die Versorgung der COVID-Patienten dieser zwei Abteilungen mit Hilfe der dort tätigen Leiter und Oberschwester vorgestellt. „Es ist beispielhaft, was meine Kollegen Tag für Tag während der Pandemie machen. Das Engagement der Ärzte, Pflegekräfte und medizinische Facharbeiter ist in dieser außerordentlich schwierigen Situation noch wertvoller” – betonte Dr. Béla Merkely, Rektor der Semmelweis Universität während seinen früheren Besuchen in diesen Abteilungen.

„Es gibt schon evidenzbasierte Therapieprotokolle“

Dr. Veronika Müller, Direktorin, Klinik für Pneumologie  

Seit wann nehmen Sie an Versorgung von COVID-Patienten teil? Erinnern Sie sich, wie der erste Fall war?

Am 11-ten März 2020 hatten wir den ersten COVID-Patienten in unserer Klinik, laut damals geltender Verfahrensordnung sollte er aber in eine andere Institution weitergeschickt werden. An der direkten COVID-Versorgung nehmen wir seit 9-ten April teil, an diesem Tag wurde die erste Abteilung für Corona-Patienten an der Semmelweis Universität – im Korányi Klinik Block für zentrale Patientenversorgung – geöffnet. Wir nahmen fünf Patienten von der damaligen Intermediärzone auf. Die geringen Fallzahlen im Sommer ermöglichten uns, um die COVID-Abteilung in der Tömő Straße zu gestalten. Wegen den sich erhöhenden Fallzahlen im September wurde die Versorgungskapazität kontinuierlich erweitert, derzeit werden COVID-Patienten in vier Etagen und in der Abteilung nichtinvasiver Beatmungstherapie des I. Epidemie-Blocks behandelt.

Was sind Ihre Aufgaben bei Versorgung von COVID-19-Patienten?

Gegenwärtig ist unsere Klinik fast hundertprozentlich auf Versorgung von COVID-Patienten umgestellt, die Mehrheit unserer Betten ist von bestätigten und verdächtigen Corona-Patienten belegt. Hauptsächlich sind wir für COVID-Versorgung zuständig, darunter werden zu uns in erster Linie Patienten mit pneumologischen Komplikationen geschickt. Weiterhin läuft bei uns die Versorgung onkologischer Patienten, Patienten mit interstitieller Lungenerkrankung, mit pulmonaler Hypertonie, sowie die Nachsorge von Organtransplantierten störungsfrei.

In welchem Maße war die Umstrukturierung der Arbeit nötig?

Heutzutage kann jeder – trotz größter Sorgfalt – vom Virus kontaktiert oder infiziert werden. Außerdem arbeiten sehr viele Frauen im Gesundheitswesen, darunter Mütter mit mehreren Kindern oder mit Kleinkindern, die stark davon betroffen sind, wenn die Kindergärten oder Schulen wegen COVID-Fällen zugeschlossen werden; bei der Einteilung der Mitarbeiter müssen wir diesen unkalkulierbaren Faktor auch berücksichtigen. Ein weiterer Faktor ist, dass die Kommunikation mit Patienten wegen Schutzkleidung schwieriger ist. Aus diesem Grund wurde ein Webcam-System eingerichtet, wodurch die Kommunikation mit Patienten in der separierten roten Zone durch Videochat auch ohne Schutzkleidung möglich ist.

Welchen Unterschied sehen Sie zwischen der ersten und der zweiten Welle?

Bezüglich Fallzahlen gibt es einen bedeutenden Unterschied, mit der Zeit konnten wir aber viele Informationen, Erfahrungen sammeln – wie z.B. welche Patienten stationäre Behandlung brauchen, welche zu Hause bleiben können, bzw. was für Ratschläge für sie nötig sind. Wichtig ist, dass wir schon auch evidenzbasierte Behandlungen anwenden können, durch deren Kombination die Heilungschancen besser sein können.

Welche unserer Erfahrungen können auch später benutzt werden?

Diese Situation zeigte uns, damit wir uns mit pneumologischen Erkrankungen betont beschäftigen müssen. Da diese Krankheiten meistens Atemwegserkrankungen sind, war bei Herausarbeitung der Infrastruktur wichtig, damit die Krankenzimmer mit wenigen Betten und mit eigenem Sanitärblock eingerichtet werden. Die Feinstrukturuntersuchung der Lunge ist nur mit CT möglich, deshalb ist für uns ein großer Fortschritt, dass unsere Klinik ein CT-Gerät bekommen konnte, so können CT-Untersuchungen von höchster Qualität vor Ort gemacht werden. Es ist ein erhebendes Gefühl für mich, welche fantastische Teams gebildet wurden, und ich bewundere meine Kollegen, mit was für einer Hingabe sie ihre Arbeit ständig machen. Viele opfern ihre Freizeit, arbeiten und kämpfen ununterbrochen gegen Pandemie. Ich möchte auch die Arbeit der Kollegen betonen, die weniger sichtbar ist, das ist unter anderem die Arbeit der Reinigungspersonal, der Mitarbeiter der Wäscherei, der Krankenträger, der Mitarbeiter, die den wirtschaftlichen Hintergrund sichern. Ihre Rolle in der Teamarbeit ist ebenso unverzichtbar.

Judit Ballai Hegedűsné, leitende Oberschwester, Klinik für Pneumologie

Welche sind die größten Änderungen bei Pflegeaufgaben, bzw. Aufgaben der medizinischen Fachpersonal, die durch COVID-Situation verursacht wurden?

In unserer Arbeit folgen wir den gleichen Prinzipien, wie bisher. Es gibt jedoch einen Unterschied, dass wir den Pflegekräften, die aus verschiedenen Kliniken zu uns kommen, unser eigenes Protokoll beibringen müssen; z.B. welche Medikamente und Antibiotika, wann und wie zu verabreichen sind. Weiterhin ist sehr wichtig, damit wir die Infektionsgefahr unter Pflegepersonal auf das mögliche Minimum verringern, und den Sicherheitsabstand einhalten. Auch die notwendige Schulung über die richtige Nutzung der Schutzausrüstung soll jeden Kollegen beigebracht werden.

Inwiefern benötigen COVID-Patienten eine andere Versorgung? Was ist der größte Unterschied bei dieser Arbeit?

Laut Rückmeldungen von den Patienten können medizinische Mitarbeiter in ihrer Schutzbekleidung für sie etwas unheimlich sein, und auch der Kontakt mit Patienten ist unpersönlicher, da unser Gesicht nicht sichtbar ist. Auch die Kommunikation ist schwieriger, besonders bei schwerhörigen Patienten, da sie an Lippenlesen gewöhnt sind. Aus diesem Grund wurde bei uns die Möglichkeit von Videochat eingeführt. Wegen Besuchsverbot ist das Kontakthalten zwischen Patienten und Angehörigen ebenso schwierig. Pakete von Familie können übergeben werden, und auch die Ärzte sind bereit, um den angegebenen nahen Angehörigen die nötige Information zu geben, wofür auch eine zusätzliche Telefonlinie von der Universität gestaltet wurde. Weiterhin sind auch auf den Webseiten ausführliche Informationen zu lesen.

Welche wichtigen Erfahrungen waren während dieser Zeit besonders lehrreich, die auch in der Zukunft nützlich sein können?

Die COVID belehrte uns, damit auch im Gesundheitswesen die Kooperation nötig ist, und dass es bei uns viele engagierte Kollegen, die ihre Arbeit tatsächlich mögen, gibt. Selbstverständlich haben wir auch Angst, wir machen uns Sorge um unsere Familie, trotzdem machen wir unsere Arbeit weiter. Ich bin stolz auf die Mitarbeiter der Universität, die an den COVID-Abteilungen arbeiteten und arbeiten!

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“Die Pandemie schloss die Mannschaft zusammen“

Dr. Tamás Berényi, Abteilungsleiter, Abteilung für Notfallmedizin (SBO)

Seit wann nehmen Sie an der Versorgung von COVID-Patienten teil? Wissen Sie noch, wie der erste Fall war?

Wir nehmen von Anfang an, seit Auftreten des Coronavirus in Ungarn, seit März dieses Jahres an Versorgung von COVID-Patienten teil. Unser erster Patient war ein ausländischer Student, der nach Feststellung seiner Infiziertheit sofort isoliert wurde. Er hatte typische COVID-Symptome, obwohl wir damals noch keine solche umfangreichen Kenntnisse, wie heute, hatten. Selbstverständlich beobachteten wir die Ereignisse in den Nachbarländern, und bemühten uns vorzubereiten, da man schon zu dieser Zeit davon ausging, dass das Virus früher oder später auch unser Land erreichen wird.

Was sind Ihre Aufgaben bei der Versorgung von COVID-Patienten?

Die Patienten kommen entweder zur ambulanten Behandlung an der SBO an, oder werden mit Rettungswagen hier geliefert. Da die Universität eine für COVID-Versorgung bestimmte Stelle ist, können bestätigte oder infektionsverdächtige Fälle mit Rettungswagen direkt oder auch aus anderen medizinischen Institutionen zu uns geliefert werden. In diesen Fällen werden die Patienten zuerst isoliert, dann diagnostiziert, bzw. gleichzeitig damit ihr Zustand stabilisiert. Die infizierten oder infektionsverdächtigen Patienten müssen komplett isoliert werden, aber auch die anderen Patienten und die Krankenhauspersonal sind dabei zu beschützen. Aus diesem Grund wurde nicht nur ein isoliertes Versorgungssystem, sondern auch eine komplexe Verteidigungstechnologie gestaltet, sowie die Benutzung der Schutzausrüstungen gelehrt. Dafür stand wenig Zeit zur Verfügung, und man musste sich an die anderen Änderungen ebenso anpassen.

Was für eine Umstrukturierung war dazu notwendig?

Vor dem Eingang des Krankenhauses wurde eine Pre-Triage-Stelle gestaltet, wo die nötigen Informationen geholt, das Körpertemperatur gemessen und auch eine pulsoxymetrische Messung durchgeführt wird. Die bestätigt Infizierten mit typischen Symptomen werden noch davor isoliert, bis sie mit den anderen Patienten in Kontakt kommen. Die für diese Patienten gebildeten Isolierstationen sind in angelsächsischen Gebieten als Hot-Zonen, d.h. Rote Zonen genannt. In Ungarn hören die Patienten diese Benennung ungern; auch den Name Isolierstation finden sie schlecht, deshalb benutzen wir lieber den Ausdruck „separiert“. In Universitäts-Jargon sind diese Gebiete jedoch die roten Zonen. Da die Versorgung der Corona-Patienten eine zusätzliche Aufgabe für uns bedeutete, wurde der Versorgungsgebiet sowohl physisch als auch funktional dupliziert, und wir mussten den erhöhten Schutz für unsere Patienten, aber auch für uns selbst lernen und gewährleisten. Das Fachpersonal, das für die Versorgung von COVID-19-Patienten zuständig ist, wird jede vier Stunden gewechselt, da auch die Schutzmasken nach vier Stunden zu tauschen sind. Während diesen vier Stunden können aber die Kollegen keine Pause haben.

Welchen Unterschied sehen Sie zwischen der ersten und der zweiten Welle?

Während der ersten Welle war 4 Prozent der Patienten infiziert, derzeit liegt der Anteil bei 25-30 Prozent. Wegen Pandemie ist eine große Anpassungsfähigkeit nötig und dies belastet die Kollegen mehr – das ist Fakt. Aus diesem Grund wurde auch die Fluktuation höher; gleichzeitig konnten aber unsere Mitarbeiter während diesen Monaten viel besser miteinander kooperieren, auch die neuen Kollegen integrierten sich schneller, sie akzeptieren einander besser, und nehmen mehr Rücksicht aufeinander. Diese Solidarität ist auch nötig, da die Belastung der Abteilung bedeutend größer ist: es werden täglich ca. 100 Patienten hier behandelt.

Welche wichtigen Lehren, auch später anwendbare Erfahrungen konnten Sie in dieser Situation sammeln?

Die Kollegen, die auf diesem Gebiet tätig sind, konnten in den vergangenen Monaten außerordentlich viel erlernen: wie man trotz Schutzbekleidung mit den Patienten kommunizieren, sie beruhigen kann. Die Krisensituation belehrte uns, wie wichtig das Kontakthalten mit den Patienten ist. Wir, Kollegen der SBO waren immer stolz darauf, dass dieses System an der SBO eine auf Krisen- und Änderungsmanagement, eine auf die sich ständig ändernde Aufgaben konzentrierende, adaptive Versorgungssystem ist. In den letzten Monaten wurden wir damit viel mehr konfrontiert. Wir erwarben täglich neue Kenntnisse, die wir in die Praxis umsetzen mussten. Meiner Meinung nach bedeutete das Coronavirus eine Änderung unserer Betrachtungsweise in vielerlei Hinsicht. In der Zukunft werden wir über eine Welt vor und nach dem Coronavirus sprechen; viele Sachen werden nicht so aussehen, wie früher. Gleichzeitig lernten wir sehr vieles, das unser Leben erleichtern kann. Das ist z.B. die Kommunikation, darunter der Wert und die Rolle der Online-Kommunikation, oder die stärkere Anwendung von Hygienetechnologien und – Verfahren.

Idikó Bárdi, Oberschwester, Abteilung für Notfallmedizin (SBO)

Welche sind die größten Änderungen bei Aufgaben des medizinischen Fach- und Pflegepersonals, die durch die COVID-Situation verursacht wurden?

Wegen der Pandemie musste die Tätigkeit an der SBO fast komplett umstrukturiert werden. Schon vor der Pandemie gab es getrennte Arbeitsgebiete, um die infizierten oder infektionsverdächtigen Patienten zu isolieren. Wegen Verbreiten des Coronavirus musste aber eine komplett neue Zone mit Arbeitsstationen, mit eingeführter Pre-Triage, und neuen Krankenwegen gestaltet werden. So arbeiten wir auf mehreren Gebieten: es gibt eine separierte Versorgungsstation für infizierte Patienten, das ist die sogenannte rote Zone, und eine Versorgungsstation der grünen Zone, wo Patienten „normale“ Behandlung brauchen. Um die rote Zone in Betrieb setzen zu können, musste die Versorgung organisiert, die Bedingungen der nötigen Materialmittel und die verschiedenen Verfahrensordnungen gewährleistet, die Richtlinien und Regelungen adaptiert, die Anpassung der Kollegen unterstützt, und die Benutzung der Schutzausrüstungen gelernt werden. Abhängig von Patientenumsatz arbeiten 2-4 Pflegekräfte in der roten Zone, die jede 4 Stunden gewechselt sind.

Inwieweit benötigen diese Patienten eine andere Versorgung?

Ähnlich zur grünen Zone gibt es auch in der roten Zone solche Patienten, deren Zustand stabil ist, und auch solche, die im kritischen Zustand sind. Bei Versorgung der letzteren Patienten tragen die Kollegen andere – dem höheren Schutz entsprechenden Arbeitsbekleidung.

In welchem Maße werden die Prozesse und das Kontakthalten mit Patienten durch die nötige Schutzbekleidung geändert?

Das Tragen der Schutzausrüstung bedeutete hauptsächlich in der Anfangszeit eine größere Belastung; mit der Zeit gewöhnten sich die Kollegen daran. Fakt ist aber auch, dass das Kontakthalten mit den Patienten während der vierstündigen Arbeit in Schutzbekleidung viel schwieriger ist. Für die Patienten ist oft beklemmend, dass sie von eingekleideten Menschen versorgt sind, mit denen sie keinen solchen Kontakt wie sonst haben können. Aus diesem Grund tun wir alles dafür, damit sich die Patienten mehr komfortabel fühlen, und die Situation für sie leichter wird.

Welche wichtigen Lehren, auch später anwendbare Erfahrungen konnten Sie in dieser Situation sammeln?

Die Coronavirus-Pandemie bedeutete für uns alle eine bisher unbekannte Situation. Mit der Zeit konnten wir aber die entsprechenden Arbeitsmethoden gestalten, und sind als Mannschaft stärker geworden. Wegen der erhöhten Belastung gab es wenige Fluktuation, die gebliebene Mannschaft wurde aber stärker und mehr zusammenhaltend.

 

Pálma Dobozi, Ádám Szabó
Photo: Attila Kovács – Semmelweis Universität
Übersetzung: Judit Szlovák