Wegen des Klimawandels werden die heutigen Medizinstudenten gezwungen sein, es mit neuen und alten, bereits in Vergessenheit geratenen Krankheiten aufzunehmen – ein Fazit des Vortrags von Staatspräsident János Áder mit dem Thema „Klimawandel, Wasserkrise und öffentliche Gesundheit“. Der auch als Mitglied des High Level Panel in Water tätige Staatspräsident wies in seinem Vortrag auch darauf hin, welche globalen Konsequenzen es haben kann, wenn die Welt nicht für die Reduzierung der Umweltbelastung weiterkämpft. In seinem Grußwort sagte Rektor Ágoston Szél: „An der führenden medizinischen Universität Ungarns muss die Beziehung zwischen Umweltschutz, Gesundheit sowie Gesundheitsbewusstsein als besonders wichtige Frage behandelt werden.”
Rektor Szél dankte János Áder dafür, dass er der Einladung der Universität folgend nun auch vor den Studierenden der Semmelweis Universität sich über diese gravierende Situation äußert, die mit lokalen Katastrophen und unwiderruflichen umweltlichen Veränderungen droht. Rektor Szél betonte auch den Widerspruch, dass für die negativen Folgen des Klimawandels, die nun die größte Bedrohung für die Menschheit darstellen, eben der Mensch selber verantwortlich ist. „Das tragische an der Sache ist, dass trotz der Warnungen der Wissenschaftler und Fachleute die Welt weiterhin den schlechten Weg geht, weil kurzfristige Interessen den langfristigen Konsequenzen untergeordnet werden”.
In seinem Vortrag benannte János Áder die Übervölkerung als eines der gravierendsten Probleme der Menschheit. Nach seiner Prognose wird die Bevölkerung der Welt in den nächsten 15 Jahren um rund 1 Milliarden Personen ansteigen, besonders in Indien, Nigeria und Äthiopien. Bis 2050 werden anhand der Kalkulationen mehr als 9 Milliarden Personen auf der Erde leben. All dies geht mit steigender Urbanisation einher: Bis 2050 werden 3 von 4 Menschen Stadtbewohner sein. Infolgedessen ist ein Anstieg der Konzentration des Energieverbrauchs, der Verschmutzung und der Emission von Schadstoffen, besonders Kohlendioxid, zu erwarten. Das Resultat: Globale Erwärmung und Versäuerung von Luft und Gewässern. Acht von den bisher wärmsten Jahren fallen bereits auf das 21. Jahrhundert.
Die Auswirkungen des Klimawandels bekommen wir zu 80% durch das Wasser zu spüren; wenn nichts unternommen wird, werden wir es in 15-20 Jahren mit einer ernsthaften Wasserkrise zu tun haben – mahnt János Áder. Das verfügbare Trinkwasser macht nur 0,007 Prozent der Wassermenge auf der Erde aus, und auch das ist bis heute zu großem Teil verschmutzt. Gleichzeitig beeinflusst die Wasserqualität unter anderem die Lebensmittel- und Energieherstellung, Industrieentwicklung, die Bekämpfung von Armut, die Biodiversität und nicht zuletzt das Gesundheitswesen – und wirkt so eigentlich indirekt auf den Klimawandel selbst zurück.
Auf die gesundheitlichen Aspekte des Klimawandels wurde ebenfalls detailliert eingegangen. János Áder führte als Beispiel an, dass mit den Erwärmungen auch der sog. Hitzestress immer öfter auftritt, was zur Erhöhung von kardiovaskulären Risiken beiträgt. Im vergangenen Sommer wurde etwa in Ungarn eine Rekordzahl von Hitzetagen registriert, und dem Hitzestress zufolge sind 1600 Todesfälle vorgekommen. Im globalen Kontext wirkt sich die Erwärmung auf die Arbeitsfähigkeit und somit auf die Wirtschaft aus: Aufgrund von Schätzungen wird die Hitze in den Golfstaaten bis 2030 dermaßen ansteigen, dass in 7-8 Monaten des Jahres keine Arbeit im Freien verrichtet werden kann.
Auch müssen die heutigen Medizinstudenten es in Zukunft mit alten, schon in Vergessenheit geratenen Krankheiten aufnehmen müssen: Wegen der erneuten Verbreitung von Stechmücken wird Ungarn bald zu den durch Malaria gefährdeten Gebieten zählen. Dasselbe gilt auch für den Zika-Virus, die wegen der Verbreitung der Mückenpopulation auch schon im Balkan präsent ist. Die Studierenden müssen darauf vorbereitet werden, dass diese Krankheiten bald alltäglich in ihrer Praxis sein werden – warnte János Áder.
Der Staatspräsident sprach auch über die Krankheiten, die von Wasser verbreitet werden – im gesamten Gebiet Asiens eignet sich Leitungswasser allein in Singapur zum Verzehr.
„Unsere Bevölkerung wächst, aber der Vorrat an Wasser und Anbauland wird immer knapper. Wie werden wir 9 Milliarden Menschen im Jahr 2009 versorgen können?” – stellte Präsident Áder die grundlegende Frage.
Für die Verbesserung der Situation können wir alle etwas tun. Wenn wir im Winter die Heizung um nur ein Grad kühler stellen, haben wir die Emission schon gesenkt. Die Botschaft von Präsident Áder: „Nicht nur die Politiker, sondern alle Menschen sind dafür verantwortlich, dass wir die Erde in einem besseren Zustand an unsere Kinder und Enkeln überlassen.”
Pálma Dobozi
Übersetzt von Marica Wild
Photos: Attila Kovács, Semmelweis Universität