Im neuesten Teil unserer Alumni-Interviewreihe erzählt das Ehepaar Dr. Wilhelm Schäfer und Dr. Lilla Nagy Schäfer, ehemalige Studierende der Fakultät für Zahnheilkunde der Semmelweis Universität, von ihren Erinnerungen an die Studienzeit und was sie der Semmelweis Universität verdanken.
Wie sind Sie an die Semmelweis Universität gekommen?
Dr. Wilhelm Schäfer: Als ich 16 Jahre alt war, hatte ich einen Zahnarzt, der mir sehr sympathisch war, der ein Vorbild für mich war und er mich dazu brachte, diesen Beruf zu wählen.
1968, nach dem Abitur, wurde ich an der zahnmedizinischen Fakultät der Universität Jena zugelassen. Inzwischen erhielt ich aber einen Brief, in dem stand, dass ich mich auch im Ausland bewerben könnte. Ursprünglich hätte ich nach Prag gehen können, aber wegen des Einmarschs in die Tschechoslowakei wurde mir erlaubt, mich in Budapest zu bewerben. Ich reichte meine Bewerbung ein, und es wurde das Abenteuer meines Lebens! Ich begann hier mit dem Studium und lernte vorher ein Jahr lang Ungarisch in einem so genannten Vorbereitungsinstitut. Am Anfang konnte ich überhaupt kein Ungarisch. Es wäre übertrieben zu sagen, dass ich die Sprache in einem Jahr gelernt habe, aber ich würde eher sagen, dass ich eine Menge Ungarisch gelernt habe. Wenn ich gewusst hätte, wie schwierig die Sprache ist, hätte ich meine Meinung vielleicht geändert (er lacht). Es war also schwierig, aber mit der Zeit habe ich es gelernt, und ein Jahr später, 1969, wurde ich Student an der Semmelweis Universität.
Ich und meine Frau haben uns auch an der Semmelweis Universität kennengelernt: Wir haben uns gleich am ersten Tag getroffen und ich habe ihr sofort den Hof gemacht. Es war Liebe auf den ersten Blick, und seitdem sind wir verheiratet – nunmehr seit 52 Jahren. Nach dem Studium musste ich zurück in die DDR, um meinen Militärdienst abzuleisten, und Lilla kam mit mir. Kurz darauf bekamen wir zwei Söhne, die ebenfalls zu Zahnärzten heranwuchsen. Heute praktizieren sie in einem Bergdorf bei Erfurt in Thüringen und führen unsere Praxis weiter.
Dr. Lilla Nagy Schäfer: Als Mädchen aus Szolnok wollte ich von klein auf Zahnärztin werden, vor allem nachdem ich in den Sommerferien bei einem Zahnarzt gearbeitet hatte. Ich habe es geschafft, direkt nach dem Schulabschluss ein Studium zu beginnen, das ich mit guten Noten abgeschlossen habe. Da wir uns dort kennengelernt haben, bedeutet die Semmelweis Universität für uns persönlich sehr viel, aber wir können dennoch sagen, dass die Ausbildung ein sehr hohes Niveau hatte, dem wir ebenfalls sehr zugetan sind. Wir haben mehrmals Kollegen getroffen, auch in Deutschland, die uns gefragt haben, wo wir studiert haben und wo wir diese beruflichen Kenntnisse erworben haben. Wir bekamen eine so gründliche praktische Ausbildung, vor allem im Bereich manueller Fertigkeiten, dass wir sofort nach dem Abschluss anfangen konnten zu arbeiten und mit allen Techniken vertraut waren. Verglichen mit der Ausbildung unserer Söhne in Deutschland hatten sie weniger Erfahrung z. B. in der Chirurgie und der Wurzelbehandlung sammeln können, so dass sie am Anfang unsere Hilfe brauchten und wir ihnen unser Wissen weitergeben konnten.
Welche Dozentenan der Semmelweis Universität hatten den größten Einfluss auf Sie ?
W.S.: Für mich war Tibor Donáth, Professor für Anatomie, der unter Szentágothai arbeitete, ein sehr bedeutender Vorbild. Dr. Miklós Réthelyi war unser Tutor in Anatomie, der uns alles sehr gründlich beigebracht hat, und wir mochten ihn auch als Mensch sehr.
L.N.S.: Ich erinnere mich sehr gerne an Dr. Pál Fejérdy und die damalige Leiterin der Zahnklinik, Dr. Ida Nyárasdy, um nur einige zu nennen.
Was würden Sie Studenten sagen, die gerade an der Semmelweis Universität anfangen?
W.S.: Ich kann nur sagen, dass sie den besten Beruf gewählt haben und dass es eine gute Entscheidung ist, an der Semmelweis Universität zu studieren. Die Chancen im Leben werden sich ergeben. Lernt fleißig, damit kann man nichts falsch machen (er lacht).
Wann waren Sie das letzte Mal an der Semmelweis Universität?
W.S.: Das letzte Mal waren wir offiziell zur Feier des 50-jährigen Bestehens der zahnmedizinischen Fakultät dort, aber wir kommen regelmäßig nach Budapest, manchmal für mehrere Wochen, Budapest ist ja unsere zweite Heimat.
Was braucht man Ihrer Meinung nach, um ein wirklich guter Zahnarzt zu werden?
W.S.: Es sind dabei viele Komponenten, es ist sehr wichtig, dass man manuell geschickt ist, dass man Geduld hat, aber auch, dass man die Menschen liebt und empathisch ist.
L.N.S.: Außerdem ist es sehr wichtig, damit der Zahnarzt selbstbewusst ist und schnell gute Entscheidungen treffen kann.
Was waren Ihre Hobbys als Student? Wie konnten Sie sich entspannen?
W.S.: Neben dem Studium hatten wir relativ wenig Freizeit. Wir haben regelmäßig Sport getrieben, was wir auch heute noch tun. Den Rest der Zeit haben wir mit Freunden verbracht. Ich hatte Glück, denn ich war in einer sehr guten Gruppe, der Gruppe 5. Ich war der einzige Ausländer, also musste ich schnell Ungarisch lernen. Im Wohnheim zum Beispiel teilte ich ein Zimmer mit drei südamerikanischen Jungen, zwei Deutschen und zwei Ungarn, und Ungarisch war die gemeinsame Sprache. An der Universität gab es 18-20 ausländische Studenten in dem 120-köpfigen Studiengang, die in verschiedene Gruppen aufgeteilt waren. Meine Mitstudenten waren sehr freundlich und aufgeschlossen, und im Laufe der Jahre entwickelte sich eine sehr gute Gemeinschaft – bis heute organisieren wir regelmäßige Treffen in Budapest und pflegen Kontakt zu allen.
L.N.S.: Wir werden bald unser goldenes Diplom erhalten, da wir vor 50 Jahren absolviert haben, und aus diesem Anlass werden wir ein Jahrgangstreffen veranstalten: eine Gelegenheit, unsere ehemaligen Studienkollegen zu treffen.
Können Sie beschreiben, was die Semmelweis Universität Ihnen gegeben hat?
W.S.: Die Semmelweis Universität hat uns Liebe, Familie, Wissen, Arbeit und auch die ungarische Sprache gegeben – und für all das sind wir sehr dankbar!
Hauptdirektorat für Marketing und Kommunikation
Foto: Christian Bruch
Übersetzung: Judit Szlovák