An der Rehabilitationsklinik der Semmelweis Universität wurden 115 Schlaganfall-Patienten untersucht. Zuerst führte man Tests durch, die Aufmerksamkeit, Reaktionszeit, Regelkenntnis und räumliche Orientierung maßen. An einem weiteren Testtag fuhr jeder Teilnehmer 40 Minuten lang im öffentlichen Straßenverkehr, und am Ende teilte der Fahrprüfer jedem mit, ob er die Prüfung bestanden hatte oder nicht. Die Forscher sammelten alle Testergebnisse, erstellten daraus Computermodelle und prüften, welches Modell das Ergebnis der praktischen Fahrprüfung am besten vorhersagen konnte.
Die Kombination der Tests, die Aufmerksamkeit, Hemmungsfähigkeit, Regelkenntnis, Entscheidungsfähigkeit, Reaktionszeit sowie Unterschiede im Gesichtsfeld erfassen, sagte das Ergebnis am genauesten voraus.
Von denen, die das Modell als ungeeignet einstufte, bestanden 88 % die Prüfung nicht. Von denen, die das Modell als geeignet bewertete, bestanden hingegen 98 % – und der Prüfer kannte die Ergebnisse der kognitiven Tests vorher nicht.
Insgesamt konnte das Programm bei 85 % der Patienten genau vorhersagen, wer fahren darf und wer nicht. Das ist deutlich besser als die früheren internationalen Methoden mit 70–80 % Genauigkeit.
Für die übrigen 15 % führte das Team die Kategorie „unsicher” ein. Bei ihnen sind weitere Untersuchungen nötig, um festzustellen, ob sie wirklich fahren dürfen.
„Unser Ziel war es, ein statistisches Modell zu entwickeln, das die Patienten in drei Kategorien einordnet – geeignet, ungeeignet oder unsicher. Dadurch sollen medizinische Entscheidungen genauer werden und die Wahrscheinlichkeit von Fehlbewertungen sinken“ – sagte Gábor Szabó, Neuropsychologe und Erstautor der Studie.
Das neue dreistufige Verfahren (geeignet–ungeeignet–unsicher) verringert die Zahl der Fehlbewertungen, weil die unsicheren Fälle genauer geprüft werden. Dadurch verlieren weniger Menschen ohne Grund ihren Führerschein.
Neu an der Studie ist auch, dass von den 115 Patienten 26 ein Neglect-Syndrom hatten. Obwohl ihre räumliche Orientierung eingeschränkt war, bestanden 12 von ihnen die Testfahrt.
„Das heißt aber nicht, dass sie in längeren oder schwierigeren Situationen sicher fahren könnten – sie wären auf der Straße fast wie eine ‚tickende Zeitbombe‘. Wir haben gesehen, dass auch jemand, der die Testfahrt besteht, nicht unbedingt wirklich fahrgeeignet ist. Das ist auch international neu, weil Patienten mit Neglect sonst kaum in solche Studien aufgenommen werden“ – fügte Gábor Szabó hinzu.
Der Semmelweis-Ansatz ist auch auf internationaler Ebene in anderer Hinsicht zukunftsweisend.
„Im Rehabilitationsprogramm kann es sinnvoll sein, den kognitiven Zustand des Patienten mit der neuen Datenanalysemethode zu prüfen. So sieht man, was verbessert werden muss, und diese Bereiche können in der nächsten Zeit gezielt weiterentwickelt werden. Am Ende zeigt eine neue Untersuchung, welche Fortschritte erreicht wurden“ – sagte Dr. Gábor Fazekas, Professor der Rehabilitationsklinik und Leiter der Studie.
Auf der europäischen Rehabilitationskonferenz (EFRR), die im Spätsommer 2025 in Budapest stattfand, gab es eine eigene Sektion zum Thema Fahrfähigkeit. Die Fachleute bewerteten das neue ungarische Analysemodell positiv.
Róbert Cseszregi
Foto: Boglárka Zellei – Semmelweis Universität
Titelbild: iStock by Getty Images/Daviles, iStock by Getty Images/sudok1