Die Klinik für Medizinische Bildgebung der Semmelweis Universität veröffentlichte auf ihrer Social-Media-Seite die Schädel-CT-Aufnahme eines der schwierigsten Fälle der letzten Monate. Die CT-Aufnahme zeigt den Schädel eines Patienten, der eine Schädelbasis- und Schläfenbeinfraktur erlitt und mehrfach operiert wurde. Die Aufnahme wurde mit einem sogenannten photonenzählenden CT-Scanner durchgeführt, der detailreichere Bilder mit höherer Auflösung als herkömmliche Geräte liefert. Dieses Gerät wurde weltweit als eines der ersten in Betrieb genommen. In Ungarn sind derzeit zwei solcher Geräte im Einsatz, beide an der Klinik für Medizinische Bildgebung der Semmelweis Universität.
„Aus radiologischer Sicht zeigen E-Scooter-Unfälle ganz neue, atypische Verletzungsmuster. Während bei leichteren Fahrradunfällen meist die typischen Handgelenks- oder Nasenbeinbrüche sowie nicht dislozierte Schädelbrüche vorkommen, beobachten wir bei E-Scooter-Unfällen deutlich häufiger komplizierte Trümmerbrüche und komplexe Verletzungen“ – erklärte Dr. Péter Hegedűs, stellvertretender Direktor der Klinik für Medizinische Bildgebung.
Nach Angaben des Statistischen Zentralamtes gab es in Ungarn im Jahr 2024 insgesamt 367 Unfälle, die von E-Scootern verursacht wurden. In der ersten Hälfte des Jahres 2024 wurden 166 solcher Unfälle registriert, im gleichen Zeitraum 2025 stieg die Zahl jedoch auf 253 – ein Anstieg von mehr als 50 Prozent innerhalb nur eines Jahres. Quelle
Aufgrund ihrer kleinen Räder können E-Scooter leicht umkippen, wenn der Fahrer in ein Schlagloch oder eine Bodenvertiefung fährt. In solchen Fällen stürzt der Fahrer meist über den Lenker, und wenn er keinen Helm oder andere Schutzausrüstung trägt, ist eine Verletzung fast sicher. In diesem Sommer wurden an der Klinik für Traumatologie der Semmelweis Universität täglich mindestens ein, manchmal aber auch zwei oder noch mehr Verletzte behandelt – meist mit Kopf- und Gliedmaßenverletzungen.
„Bei etwa drei Vierteln dieser E-Scooter-Unfälle treten Schädelverletzungen auf, in 10–20 % davon handelt es sich um schwerwiegende, eindeutige Verletzungen innerhalb der Schädelhöhle. Neben den leichteren, oberflächlichen Verletzungen sind auch Gesichtsfrakturen häufig, und bei hoher Geschwindigkeit können zudem innere Verletzungen im Brust- oder Bauchraum auftreten – deren Zahl ist glücklicherweise geringer“ – erklärte Dr. Tamás Bodzay, Direktor der Klinik für Traumatologie.
Bei E-Scooter-Unfällen kommt es häufig vor, dass der Fahrer auf das Kinn stürzt und sich dabei einen Kieferbruch zuzieht. Erfahrungsgemäss geschieht dies entweder deshalb, weil er mit hoher Geschwindigkeit fährt und beim Sturz keine Zeit mehr hat, sich abzufangen, oder weil seine Reflexe unter dem Einfluss von psychoaktiven Substanzen verlangsamt sind. Die Situation ist ähnlich wie bei kleinen Kindern, die oft auf das Gesicht stürzen, solange sich ihr Abstützreflex noch nicht entwickelt hat.
In Großbritannien gab es im Jahr 2020 insgesamt 460 Verkehrsunfälle mit E-Scootern, bei denen 1 Person ums Leben kam und 483 verletzt wurden. Im Jahr 2024 stieg die Zahl der Verkehrsunfälle mit E-Scootern auf 1.312, mit 6 Todesfällen und 1.384 Verletzten. Quelle 1, Quelle 2
In diesen Fällen sind typischerweise die Gelenkköpfe (Kondylen) des Unterkiefers betroffen. Wenn die Frakturenden während der Heilung nicht richtig stabilisiert werden, kann dies zu einer eingeschränkten Mundöffnung und Problemen im Kiefergelenk führen. Wenn ausschließlich die Kondylen betroffen sind, erkennen die Patientinnen und Patienten die Verletzung häufig nicht als besonders schwerwiegend.
„Viele Menschen glauben, es handelt sich nur dann wirklich um einen Bruch, wenn er sichtbar ist – zum Beispiel, wenn die beiden Frakturenden durch die Haut treten oder die Knochen deutlich fehlgestellt sind. Kieferfrakturen sind jedoch manchmal äußerlich nicht erkennbar, weshalb die Betroffenen annehmen, dass keine ärztliche Behandlung nötig ist. Selbst wenn sie die Verletzung bemerken, warten viele bis zum nächsten Tag, anstatt sofort ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Für eine optimale Heilung sollten diese Frakturen jedoch innerhalb von 48 bis 72 Stunden behandelt und operativ fixiert werden“ – erklärt Dr. Petra Papócsi, Fachärztin an der Klinik für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie und Stomatologie der Semmelweis Universität.
In Deutschland gab es im Jahr 2020 insgesamt 2.155 Verkehrsunfälle mit E-Scootern, bei denen 5 Personen ums Leben kamen und 2.293 verletzt wurden. Im Jahr 2024 erreichte die Zahl der Verkehrsunfälle mit E-Scootern 11.944, mit insgesamt 27 Todesopfern und 12.946 Verletzten. Quelle 1, Quelle 2
E-Scooter-Unfälle ereignen sich typischerweise in den Nachtstunden. Die Schwere des Unfalls hängt unter anderem davon ab, ob der Fahrer Alkohol oder Drogen konsumiert hat, mit welcher Geschwindigkeit er gestürzt ist und ob er einen Helm oder andere Schutzausrüstung getragen hat. Die Klinik für Medizinische Bildgebung hat auf ihrer Social-Media-Seite eine CT-Aufnahme veröffentlicht und dazu Sicherheitsempfehlungen formuliert, um schwere, sogar tödlich verlaufende E-Scooter-Unfälle zu vermeiden.
Fotos: Boglárka Zellei, Bálint Barta, Medizinische Bildgebung Facebook