Durch maschinelles Lernen kann die Art des lokalen Wiederauftretens von Brustkrebs nach der Erstbehandlung genau vorhergesagt und die Wahrscheinlichkeit von Fernmetastasen beurteilt werden – zeigt eine neue Studie der Semmelweis Universität. Bei der Analyse der Daten von 154 Patientinnen stellten die Forscher fest, dass das Metastasierungsrisiko umso geringer ist, je mehr Zeit zwischen der Erstdiagnose und dem lokalen Wiederauftreten des Tumors vergeht. Die Ergebnisse sind ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Entwicklung personalisierter Behandlungsstrategien.
Forscher der Semmelweis Universität versuchten anhand von vier verschiedenen mathematischen Modellen zu ermitteln, ob durch maschinelles Lernen der genaue Ort eines Tumorrezidivs vorhergesagt und die Wahrscheinlichkeit von Metastasen bei Brustkrebspatientinnen abgeschätzt werden kann.
Ein Lokalrezidiv unterscheidet sich von einer Metastase und kann im verbleibenden Brustgewebe, in der Brustwand, der Haut oder der Operationsnarbe auftreten.
Die Forscher analysierten klinische und pathologische Daten von 154 Frauen mit einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von 11 Jahren (133,16 Monaten) nach ihrer Erstdiagnose. Es lagen Daten sowohl für den Primärtumor als auch für das Lokalrezidiv vor.
Das leistungsstärkste Modell sagte ein Rezidiv im verbleibenden Brustgewebe mit einer Genauigkeit von 77 % voraus, ein Rezidiv in der Operationsnarbe mit einer Genauigkeit von 69 %. Zu den wichtigsten Vorhersagefaktoren gehörten die Art der Operation (brusterhaltend oder mastektomiert), das Alter der Patientin bei der Diagnose, die proliferative Aktivität der Tumorzellen, die durch den Ki67-Proteinspiegel angezeigt wird, und der Progesteronrezeptor-Status (niedrige Spiegel oder das Fehlen von Progesteronrezeptoren haben einen negativen Einfluss auf den Krankheitsverlauf).
Ein weiteres wichtiges Ziel war die Vorhersage des Risikos von Fernmetastasen nach einem lokalen Rezidiv. Durch die maschinelle Lernmodellen wurde bei dieser Aufgabe eine Genauigkeit von 78% erreicht.
„Diese Modelle verknüpften die Metastasenbildung in erster Linie mit dem Ort des Wiederauftretens, der Zeit, die zwischen der Erstdiagnose und dem Wiederauftretens verging, und der nach dem Wiederauftretens erhaltenen Behandlung“ – erklärt Dr. Kristóf Attila Kovács, Assistenzprofessor am Institut für Pathologie, Rechts- und Versicherungsmedizin der Semmelweis Universität und Erstautor der in Scientific Reports veröffentlichten Studie.
Das Metastasierungsrisiko war geringer, wenn der Tumor im verbleibenden Brustgewebe auftrat. Im Gegensatz dazu erhöhte ein Wiederauftreten in der Brustwand die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Tumor auf andere Organe ausbreitete, erheblich.
Die Studie zeigte auch, dass bei Tumoren, die innerhalb von zwei Jahren nach der Erstdiagnose wieder auftraten, Metastasen häufiger auftraten. Im Gegensatz dazu waren lokale Rezidive nach fünf Jahren im Allgemeinen mit einer besseren Prognose bei hormonsensitiven Tumoren verbunden. Bei einem Drittel der Patientinnen traten mehrere Rezidive auf, was das Metastasierungsrisiko weiter erhöhte.
„Leider ist selbst bei lokal wiederkehrendem Brustkrebs, der mit Chemotherapie behandelt wird, die Wahrscheinlichkeit von Fernmetastasen nach wie vor hoch. Dies deutet darauf hin, dass in solchen aggressiven Fällen alternative zielgerichtete Therapien erforderlich sein könnten, selbst bei Sekundärtumoren in der Nähe der Operationsstelle“ – sagte Dr. Anna Mária Tőkés, leitende Forscherin am Institut für Pathologie, Rechts- und Versicherungsmedizin der Semmelweis Universität und korrespondierende Autorin der Studie.
Im Jahre 2022 gab es laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) weltweit 2,3 Millionen Frauen, die mit Brustkrebs lebten, und 670.000 starben an der Krankheit. Obwohl sich in den entwickelten Ländern die Überlebensraten für Brustkrebspatientinnen in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert haben, kann der Tumor in 5–20 % der Fälle auch nach einer erfolgreichen Erstbehandlung wiederkehren – warnen die Forscher.
Diese lokalen Rezidive variieren erheblich – einige sind aggressiver als andere – und erfordern daher möglicherweise unterschiedliche Behandlungsansätze. Die aktuellen Leitlinien empfehlen jedoch für alle eine weitgehend ähnliche Behandlung. Eine auf Risikofaktoren zugeschnittene Behandlung könnte die Überlebenschancen verbessern, weshalb es von entscheidender Bedeutung ist, die Prognose der verschiedenen Rezidiv-Typen zu verstehen“ – fügte Dr. Kovács hinzu.
Die Forscher betonen, dass weitere Studien mit größeren Patientengruppen und genetischen Tumoranalysen die Vorhersagemodelle verfeinern könnten. Die Kombination von maschinellem Lernen mit traditionellen diagnostischen Methoden könnte dazu beitragen, Hochrisikopatienten zu identifizieren und gezielte Behandlungsstrategien zum richtigen Zeitpunkt zu entwickeln – ein Ansatz, der die Wirksamkeit der Behandlung und die Überlebenschancen erheblich verbessern könnte.
Laut WHO war Brustkrebs im Jahre 2022 in 157 von 185 Ländern die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Etwa 0,5–1 % aller Brustkrebsfälle treten bei Männern auf. Von den 154 untersuchten Patientinnen erkrankten 33 nach 10 Jahren erneut, bei einer Patientin kehrte der Brustkrebs nach 23 Jahren zurück. Viele Patientinnen nehmen nach der Entlassung aus der Behandlung keine Nachsorgetermine mehr wahr. Dabei sind regelmäßige Untersuchungen auch Jahrzehnte nach der Behandlung lebensrettend.
Angelika Erdélyi
Foto: Boglárka Zellei, Semmelweis Universität; Envato Elements – LightFieldStudios
Übersetzung: Judit Szlovák