In dem Interdisziplinären Kadaverchirurgie-OP-Saal des Instituts für Anatomie, Histologie und Embryologie wurde eine Kursreihe für offene und minimalinvasive laparoskopische Bauchchirurgie organisiert. Dank der am Institut entwickelten Tissue-Engineering-Technik konnten die Teilnehmer verschiedene chirurgische Verfahren auf einzigartige Weise in einer realitätsnahen Gewebeumgebung unter der fachlichen Anleitung der Dozenten der Klinik für Chirurgie, Transplantation und Gastroenterologie üben. Die Kursreihe wird es der Universität auch ermöglichen, diese Marktnische auf dem internationalen Weiterbildungsmarkt zu füllen.

In ganz Europa gibt es nur wenige medizinische Kadaver-Aus- und Weiterbildungskurse, doch sind diese praktischen Kurse eine unbestreitbar wirksame Methode zur Entwicklung chirurgischer Handfertigkeiten. Diese Kurse der Semmelweis Universität bieten eine einzigartige Gelegenheit, chirurgische Ausbildung durch den Einsatz einer speziellen Gewebefixierungstechnologie anzubieten, die von Viktor Pankovics, einem Präparator am Institut für Anatomie, Histologie und Embryologie, entwickelt wurde. Diese Art der Präparation, bei der Weichgewebe, Gefäßformationen und Organkomplexe weitgehend realistisch gestaltet werden – es können sogar Blutungen simuliert werden – bietet Chirurgen eine reale chirurgische Situation und eine einzigartige Übungsmöglichkeit. Darüber hinaus ist auch die empirische Erweiterung der dreidimensionalen klinisch-anatomischen Erkenntnisse ein Schwerpunkt der Kurse. Die Organe und die verschiedenen Gefäßvariationen wurden an Modellen aus der unschätzbaren Sammlung anatomischer Präparate von Dr. Ágnes Nemeskéri und Dr. Mátyás Kiss sowie an anatomischen Präparaten demonstriert, die von Studenten des wissenschaftlichen Studienkreises angefertigt wurden. An zwei Veranstaltungen der Kursreihe konnten die Chirurgen die erforderlichen Schritte zur Durchführung von Operationen an der Bauchspeicheldrüse mit offenen und minimalinvasiven laparoskopischen Techniken sowie von Operationen an Leber und Dickdarm aufzeichnen – teilte Dr. Tamás Ruttkay, Assistenzprofessor am Institut für Anatomie, Histologie und Embryologie, mit.

Die Kadaver-Kursreihe im Bereich der Bauchchirurgie wurde mit einem offenen, hands-on Kurs zur Pankreaschirurgie eröffnet. Wie Dr. Ákos Szücs, außerordentlicher Professor an der Klinik für Chirurgie, Transplantation und Gastroenterologie (STéG), und Dr. Tamás Marjai, Facharzt am STéG und fachlicher Leiter des Kurses, erläuterten, ist die Bauchspeicheldrüsenchirurgie ein komplexer Eingriff und es gibt nur wenige Möglichkeiten für junge Fachärzte, ihn einzuüben. Sie können oft Teilaufgaben am OP-Tisch ausführen, aber hier hatten sie zum ersten Mal die Gelegenheit, eine vollständige Operation, vom Hautschnitt bis zur Hautnaht, an Kadavern mit Tumoren durchzuführen.

Durch die Präparationstechnik wurde am Kadaver selbst eine sehr naturgetreue Umgebung geschaffen, sogar die Simulation von Blutungen war möglich – betonte Dr. Ákos Szücs und fügte hinzu, dass die Sättigung der Gefäße und die Versorgung von verletzungsbedingten Blutungen ebenfalls der realistischen chirurgischen Umgebung entsprachen, was nicht nur in Ungarn, sondern auch auf internationaler Ebene einzigartig ist. Herkömmliche Konservierungstechniken sind weit weniger geeignet, die Struktur von echtem, lebendem menschlichem Gewebe zu reproduzieren, und bieten nicht die Schwierigkeiten einer echten chirurgischen Umgebung, im Gegensatz zu der am Institut entwickelten Technik.

Während der zweitägigen Schulung wurden die Teilnehmer nach der theoretischen Vorbereitung zunächst in chirurgischen Techniken der Anastomose nach Tumorentfernung, der Rekonstruktion und Verbindung des Verdauungskanals, des Magens und der Gallengänge an Organkomplexen geschult und konnten auch blutversorgungsbedingte Ereignisse an den vorbereiteten Präparaten untersuchen und behandeln. Und am zweiten Tag konnten sie die gesamte chirurgische Entfernung des Pankreas durchführen oder assistieren. Insgesamt wurde an 6 Kadavern geübt, wobei sich jeweils zwei Chirurgen pro Kadaver abwechselten und unter Anleitung von Experten übten. Laut Dr. Ákos Szücs schätzten die Teilnehmer die Möglichkeit, ihre allererste Pankreatektomie unter realistischen Bedingungen durchführen zu können.

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Am zweiten Teil des Kadaverkurses für Pankreaschirurgie, der ebenfalls von Dr. Tamás Marjai und Dr. Ákos Szücs geleitet wurde, konnten die Teilnehmer die minimalinvasive laparoskopische Technik erlernen. Ziel dieses Kurses war es, das laparoskopische Verfahren zu üben, das den Goldstandard für die Pankreaslinksresektion darstellt, die am häufigsten wegen Krebs erforderlich ist. Durch die einzigartige Präparationstechnik wurde das Umfeld für die Entfernung des Pankreasschwanzes so gestaltet, dass es der realen chirurgischen Situation entspricht“ – erklärte Dr. Ákos Szücs. Während des Kurses übten die 6 an der Pankreaschirurgie interessierten Teilnehmer paarweise an den 3 präparierten Kadavern, begleitet von Spezialisten. Der Kurs war ein großer Erfolg, ähnlich wie der für die offene Chirurgie, und der für das nächste Jahr geplante Kurs soll bereits international ausgerichtet werden, da diese Art der Ausbildung in Europa als Nische gilt und somit eine Vorreiterrolle auf dem Bildungsmarkt spielen kann – ergänzte Dr. Ákos Szücs.

Ein Teil der Kursreihe war der Leberchirurgie gewidmet und trug den Titel Angewandte Leberanatomie in der der onkologischen Chirurgie und Transplantation, bei der anhand von speziell konservierten Modellpräparaten praktische Fertigkeiten am Kadaver geübt wurden. In der Praxis der Leberchirurgie ist eine naturgetreue, transparente Gewebeumgebung wegen der besonderen anatomischen Struktur des Organs besonders wichtig“ – betonte Dr. Attila Szijártó, Direktor des STéG und einer der technischen Leiter des Kurses, was in diesem Fall durch die einzigartige Präparationstechnik gewährleistet war. Die Schulung begann mit einem theoretischen Block über die Anatomie und die chirurgischen Techniken der Leber, und dann konnten die Teilnehmer ihre Fähigkeiten am Organ selbst entwickeln, wo die Arterien und Venen mit verschiedenfarbigen Farben markiert wurden. Anschließend arbeiteten die 8 Fachärzte mit der Unterstützung von annähernd ebenso vielen Tutoren an 4 Kadavern.

Dr. Attila Szijártó sagte, der Kurs konzentriere sich auf das Erlernen der Routine der Tumorchirurgie, biete aber auch die Möglichkeit, die Schritte der Transplantation zu erlernen und die notwendigen Griffe für die interessierten Chirurgen zu erfassen, die bisher nur an Silikonmodellen geübt werden konnten. Er hielt die Ausbildung für intensiv und sehr nützlich, die seiner Meinung nach durch keine andere Technik ersetzt werden kann und in internationalen Forums gefördert werden sollte.

Bei der letzten Veranstaltung der Kursreihe konnten die Teilnehmer die neue radikale Operationstechnik der kompletten Mesokolonexzision (CME) erlernen, von der man sich langfristig eine deutliche Verbesserung der Lebenserwartung der Patienten verspricht – sagte Dr. Balázs Bánky, außerordentlicher Professor der STéG. An der Universität werden Dickdarmtumore mit dieser Technik operiert, und der Kurs bietet eine sichere Trainingsmöglichkeit sowohl für universitäre als auch für außeruniversitäre Chirurgen“ – sagte Balázs Bánky. Während der theoretischen Einführung wurden die chirurgische Anatomie, die Schritte des Verfahrens, die Instrumente und die CME-Literatur vorgestellt, gefolgt von der Laborarbeit, bei der die Grundkenntnisse an Korrosionsanatomie-Präparaten vertieft wurden. Unter Anleitung der STéG-Lehrärzte konnten sich die Teilnehmer einer laparoskopischen Operation unterziehen, wobei jeder von ihnen die Möglichkeit hatte, eine radikale Resektion des Tumors durchzuführen und sogar die Darmkontinuität mit der laparoskopischen Technik wiederherzustellen. Das sichere professionelle Umfeld und die hochwertigen Gewebeschichten und Strukturen der Kadaver sowie die hochmodernen laparoskopischen Instrumente trugen zum positiven Feedback der Teilnehmer bei“ – betonte Dr. Balázs Bánky.

 

Anita Szepesi 
Boglárka Zellei – Semmelweis Universität, Dorka Székely 
Übersetzung: Judit Szlovák