Menschen, deren Kiefer durch eine Krebserkrankung geschädigt ist, können an der Semmelweis Universität auch einen komplett neuen Kieferknochen erhalten. Bei der Tumoroperation werden Teile des Kiefers – Knochen, Zähne, Weichgewebe – entfernt und die fehlenden Teile durch ein Stück von eigenem Wadenbein des Patienten ersetzt. Bei diesem Verfahren wird der gesamte Prozess mit Hilfe der 3D-Technologie virtuell geplant, wodurch die Operationszeit verkürzt, das Risiko von Komplikationen verringert und die Genauigkeit des Endergebnisses verbessert werden kann.

Die Kieferwiederherstellungschirurgie an der Semmelweis Universität wird vor allem nach der Entfernung bösartiger Mundhöhlentumore und bestimmter gutartiger Tumore eingesetzt, und kann das Gesicht und sogar die ursprüngliche Kaufunktion wiederherstellen. Die Operationen werden in enger Zusammenarbeit von Spezialisten aus zwei Universitätskliniken – plastischen Chirurgen und Kieferchirurgen – durchgeführt, die den Eingriff auch gemeinsam planen.

„Mit Bildgebung, Software-Planung und 3D-Technologie können wir im Voraus simulieren, was wir im OP-Saal tun werden. Indem wir virtuelle Pläne erstellen, können wir alle Details der Operation im Voraus modellieren, z. B. welches Stück des Beinknochens entfernt werden soll, wie viele Stücke geschnitten werden sollen und wo der Knochen zu brechen ist“ – sagte Dr. Tamás Würsching, Facharzt an der Klinik für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie und Stomatologie der Semmelweis Universität, der für den 3D-Planungsprozess verantwortlich ist. Er wies darauf hin, dass, bis dieses Verfahren nicht zur Verfügung stand, mussten die nötigen Messungen am Operationstisch getan werden, was die OP erheblich verlängerte, während die Operationszeit am wertvollsten ist.

Der am besten geeignete Knochen für den Kieferersatz ist das Wadenbein, ein langer Knochen an der Außenseite des Unterschenkels. Aufgrund seiner Stabilität, Form und Härte können in ihn Zahnimplantate eingesetzt werden, so dass die ursprüngliche Kaufunktion nach der Entfernung des Tumors erhalten werden kann. Im Falle einer unkomplizierten Heilung beeinträchtigt diese Methode das Gehen nicht, so dass ein vollwertiges Leben möglich ist.

„Wenn die Weichteile, die den Kiefer des Patienten umgeben, nach der Entfernung des Tumors intakt sind, muss nur der Knochen ersetzt werden. Wenn auch die umliegenden Gewebe (z. B. die Haut) ersetzt werden müssen, wird das Wadenbein-Stück entnommen und zusammen mit den Weichteilen transplantiert“ – fügt Dr. Sándor Bogdán, außerordentlicher Professor an der Klinik für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie und Stomatologie der Semmelweis Universität, hinzu. Ein Teil des 3D-Planung besteht auch darin, genau zu bestimmen, welche Art und Größe von Gewebe für den Patienten benötigt wird“ – betonte der Experte.

„Mit Hilfe der Design-Software wird ein 3D-Modell des Unterschenkels erstellt, auf dem der zu transplantierende Knochenabschnitt markiert wird. Anschließend erstellen wir mit einem 3D-Drucker Schnittschablonen, die auf das Wadenbein aufgebracht werden. Auf diese Weise können wir die ausgewählten Teile in bestimmten Winkeln trennen, die die Chirurgen sofort an der richtigen Stelle einsetzen können, und dann stellen wir auch die Blutversorgung des transplantierten Lappens sicher, indem wir die Blutgefäße vernähen“ – sagt Dr. Zoltán Klárik, plastischer Chirurg an der Klinik für Chirurgie, Transplantation und Gastroenterologie der Semmelweis Universität. Er fügte hinzu: „Der Erfolg der Operation hängt weitgehend davon ab, wie lange die zu implantierenden Knochen ohne Sauerstoff und Blutversorgung bleiben. Bereits nach einer Stunde kommt es zu irreversiblen Gewebeschäden, so dass die Zeit während der Operation von entscheidender Bedeutung ist. Aus diesem Grund verbessert eine Operation mit genau geplanten Schnittschablonen im Voraus den Erfolg der Operation erheblich.

Dieses Verfahren wird in mehreren Zentren Ungarns angewandt, und die Semmelweis Universität führt seit drei Jahren Kieferrekonstruktionsoperationen mit dieser Technologie durch. Jedes Jahr werden etwa fünfzehn Patienten mit Mundhöhlenkrebs operiert, die auf Empfehlung der onkologischen Fachärzte einen Ersatz des Unterkiefers benötigen.

Während diese Krebsart früher häufig bei Männern im Alter von fünfzig bis sechzig Jahren auftrat, verschwindet heute der Unterschied zwischen den Geschlechtern, und es ist keine Seltenheit, dass Patienten im Alter von dreißig Jahren behandelt werden. Zu den Risikofaktoren für die Krankheit gehören Rauchen, Alkoholkonsum und das HPV-Virus.

Galerie

5bilder

Csatári-Földváry Eszter
Foto, Titelbild: Semmelweis – Bálint Barta; Klinik für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie und Stomatologie der Semmelweis Universität
Übersetzung: Judit Szlovák