Die praktische Wirksamkeit von Mikrobiom-Tests, womit der Zustand der Darmflora analysiert wird, ist noch fragwürdig, und die aus den Tests gewonnenen Informationen können noch nicht für therapeutische Zwecke verwendet werden – sagen Experte der Semmelweis Universität. Durch den Test, der sich auch in Ungarn zunehmender Beliebtheit erfreut, werden mit der Zeit gezielte Behandlungen und Diagnosen möglich, doch kann man sich heute nicht ausschließlich auf ihn verlassen. In begründeten Fällen sind fachärztliche und instrumentelle Untersuchungen erforderlich, um darmbezogene Krankheiten genau zu diagnostizieren, den Schweregrad des Problems zu bestimmen und eine wirksame Behandlung zu ermöglichen.
„Die große Vielfalt der menschlichen Darmflora und die unterschiedlichen Charakteristika jedes Menschen sowie das Fehlen kontrollierter Untersuchungen sind die wichtigsten Hindernisse für die praktische Anwendung von Tests zur Bestimmung der Zusammensetzung des Darmmikrobioms“ – sagt Dr. Árpád Patai, Gastroenterologe an der Klinik für Chirurgie, Transplantation und Gastroenterologie der Semmelweis Universität.
Mit dem Stuhlmikrobiom-Test werden die bakteriellen Gene in der Stuhlprobe eines Patienten analysiert. Der Test liefert eine Bestandsaufnahme der Bakterien im Darm zum Zeitpunkt der Probenahme. Die bakterielle Zusammensetzung wird durch eine Reihe von Faktoren beeinflusst, wie z. B. Stress, gegessene Lebensmittel, Ort der Testdurchführung usw. Tests, die nach unterschiedlichen Protokollen durchgeführt werden, führen zu unterschiedlichen Ergebnissen, was sich auch auf deren Interpretation auswirkt. Die Zusammensetzung der Darmflora variiert von Person zu Person, weshalb es nicht möglich ist, einen Standard bzw. ein ideales Bakterienniveau zu definieren. Selbst der Vergleich von Proben derselben Person liefert daher keine zuverlässigen Informationen über Veränderungen im Status der Darmflora.
Nach Abschluss des Tests werden die Ergebnisse zusammengefasst, einschließlich der Menge der getesteten Bakterien, der Parameter, die die Darmflora charakterisieren, wie z. B. die Bewertung ihrer Vielfalt, und der Empfehlungen für Diät- und Nahrungsergänzungsmittel.
„Das Hauptproblem bei der Mikrobiom-Diagnostik ist, dass die Analyse zwar detailliert ist, die Therapieempfehlungen aber allgemein formuliert sind, und anhand des Tests keine klinischen Entscheidungen getroffen werden können.
erklärt Dr. Patai.
Unser Wissen basiert hauptsächlich auf den Ergebnissen von Labor- und Tierversuchen, und es liegen noch keine Ergebnisse aus einer großen Zahl von konsistenten Humanuntersuchungen vor, so dass wir sie noch nicht auf den Menschen extrapolieren können“ – sagt der Gastroenterologe. Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, dass die Hersteller oft ihre eigenen Nahrungsergänzungsmittel empfehlen, zu denen es kaum unabhängige Untersuchungen gibt.
Anhand der Testergebnisse lässt sich weder mit absoluter Sicherheit feststellen, wie schwerwiegend eine Magen-Darm-Erkrankung ist, noch kann man sich ein vollständiges Bild von zukünftigen Risiken machen. Diese lassen sich jedoch bei einer fachärztlichen Untersuchung nach einigen Routinetests und nach dem Stellen einiger Fragen einschätzen“ – sagt Dr. Árpád Patai und fügt hinzu:
„Dies bedeutet nicht, dass Mikrobiomtests nicht sinnvoll sind. Die Methode kann mit der Zeit Teil gezielter Therapien werden, wenn technologische Lösungen zur Verfügung stehen, mit denen die erzielten Ergebnisse trotz der Variabilität sinnvoll ausgewertet werden können.“
Das Ungleichgewicht in der Darmflora kann bis zu einem gewissen Grad durch die von Testfirmen häufig empfohlene pflanzliche, ballaststoffreiche Ernährung verbessert werden, insbesondere wenn man von einer weniger gesunden Ernährung auf eine neue wechselt. Aber wir verfügen derzeit nicht über genügend Wissen, um die Bakterienmenge durch Ernährung und Nahrungsergänzungsmittel zu beeinflussen“ – sagt Dr. Árpád Patai.
Obwohl die Ernährung einen Einfluss auf das Mikrobiom hat, kann sie dessen Zusammensetzung nur in begrenztem Maße beeinflussen: „Naturvölker ernähren sich ballaststoffreich und fettarm und haben daher Darmbakterien, die Ballaststoffe besser verarbeiten können. Die westlichen Gesellschaften ernähren sich schon lange nicht mehr so, deshalb haben sie viele dieser Bakterien verloren. Das ist auch der Grund, warum viele Menschen über Blähungen, Reflux usw. klagen, wenn sie auf eine mediterrane oder ballaststoffreichere Ernährung umstellen. Das ist ein generationenübergreifendes Problem: Selbst wenn wir unsere Ernährung auf gesündere Kost umstellen, kann sich unser Mikrobiom nur teilweise anpassen“ – sagt Dr. Árpád Patai.
Zsófia Végh
Photos: Boglárka Zellei, iStock
Übersetzung: Judit Szlovák