Diabetes erhöht das Krebsrisiko erheblich, insbesondere bei Menschen im Alter von 40-54 Jahren, wie neue Forschungsergebnisse zeigen. Die Analyse der Daten von mehr als drei Millionen Patienten warnt davor, dass das Krebsrisiko kurz vor der offiziellen Diabetesdiagnose zu steigen beginnt und im Jahr danach seinen Höhepunkt erreicht.
Das Risiko, an Pankreaskarzinom zu erkranken, ist laut Semmelweis-Forschern bei Menschen mit Diabetes fast zweieinhalb Mal (129,4 Prozent) höher als bei der gesunden Bevölkerung. Das Risiko, an Leberkrebs zu erkranken, ist bei Menschen mit Diabetes um 83 % höher.
Die Semmelweis-Forscher analysierten zwischen 2010 und 2021 die Daten von 3 681 774 Personen aus der Datenbank der Nationale Kasse für Gesundheitsversicherung, von denen 86 537 an Diabetes erkrankt waren. Die in die Analyse einbezogene Altersgruppe lag zwischen 40 und 89 Jahren.
Während des Beobachtungszeitraums wurde bei 8,6 Prozent der Personen in der Kontrollgruppe bzw. bei 10,1 Prozent der Personen mit Diabetes Krebs diagnostiziert.
Zusätzlich zu Bauchspeicheldrüsen- und Lebertumoren untersuchten die Forscher auch das Risiko für vier weitere Krebsarten.
„Bei allen sechs Tumorarten stellten wir fest, dass Menschen mit Diabetes, einschließlich Typ eins und Typ zwei, ein höheres Risiko haben, an Krebs zu erkranken“, sagte Dr. Heléna Safadi, Assistenzprofessorin am Zentrum für die Ausbildung im Gesundheitsmanagement der Semmelweis Universität und Erstautorin der in der Zeitschrift Diabetes Research and Clinical Practice veröffentlichten Studie.
Bei Diabetikern war das Risiko, an Nierenkrebs zu erkranken, um 44,2 Prozent und das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, um 30 Prozent höher als bei der gesunden Bevölkerung. Das Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken, war bei Patienten mit Diabetes um 17,1 Prozent höher, während das Risiko für Brustkrebs um 13,7 Prozent höher lag.
Der Unterschied in der Krebsinzidenz zwischen Diabetikern und Kontrollpersonen war in der jüngeren Altersgruppe am deutlichsten: Bei 5,4 % der Erkrankten im Alter von 40 bis 54 Jahren wurde in den zehn Jahren Krebs diagnostiziert, gegenüber 4,4 % der Kontrollpersonen. In der Altersgruppe der 70- bis 89-Jährigen betrug der Unterschied zwischen Diabetikern und Kontrollpersonen dagegen nur 0,3 Prozentpunkte (12,7 % gegenüber 12,4 %).
Die Forscher stellten weiterhin fest, dass die Zeit zwischen der Diagnose von Diabetes und der Entwicklung von Tumoren sehr kurz war, und dass die Krankheiten oft gleichzeitig auftraten.
„Das Risiko, an Krebs zu erkranken, war bereits innerhalb eines Jahres vor der Diabetesdiagnose deutlich höher und erreichte in den nächsten ein bis zwei Jahren seinen Höhepunkt. Danach verlangsamte sich der Aufwärtstrend, und die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu erkranken, begann sich in den Gruppen der Diabetiker und der Gesunden anzunähern“ – erklärte Dr. Éva Belicza, außerordentliche Professorin am Zentrum für die Ausbildung im Gesundheitsmanagement an der Semmelweis Universität und letzte Autorin der Studie.
Für dieses Phänomen gibt es in der Literatur mehrere Erklärungen. Eine davon ist, dass das Entstehen von Tumoren durch einen erhöhten Insulinspiegel verursacht werden kann.
„Hyperinsulinämie oder Insulinresistenz ist die Bezeichnung für den prädiabetischen Zustand, bei dem der Blutzuckerspiegel noch normal ist, der Körper aber bereits mehr Insulin benötigt, damit die Zellen in der Lage sind, Zucker aus dem Blut aufzunehmen. Diese erhöhten Insulinwerte können einer der Gründe für das erhöhte Krebsrisiko sein“ – fügte Dr. Heléna Safadi hinzu.
Die Forscher empfehlen daher ein erneutes Nachdenken über die Screening-Leitlinien.
„Es wäre wichtig, bereits im Alter von Ende 30 bis Anfang 40 mit regelmäßigen Untersuchungen auf Diabetes oder Insulinresistenz zu beginnen. Da der Unterschied im Krebsrisiko zwischen Menschen mit Diabetes und der gesunden Bevölkerung in ihren 40ern am größten ist, könnte es auch wichtig sein, sie auf die in unserer Studie untersuchten Krebsarten zu untersuchen“ – sagte Dr. Judit Lám, außerordentliche Professorin am Zentrum für die Ausbildung im Gesundheitsmanagement an der Semmelweis Universität und Mitautorin der Studie.
Nach Angaben der International Diabetes Federation litten im Jahr 2021 weltweit fast 537 Millionen Erwachsene an Diabetes, und die Krankheit führte zu 6,7 Millionen Todesfällen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation ist Diabetes eine der Hauptursachen für Erblindung, Nierenversagen, Herzstillstand, Schlaganfall und Amputation der unteren Gliedmaßen. Ernährung, Bewegung, Medikamente und regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen und Behandlungen können die Folgen von Diabetes verhindern oder hinauszögern.
Angelika Erdélyi
Foto: Zentrum für die Ausbildung im Gesundheitsmanagement, Semmelweis Universität; duskbabe
Übersetzung: Judit Szlovák