Im Városmajor Herz- und Gefäßzentrum wurde bereits die zweite extravaskuläre ICD-Implantation durchgeführt. Die Klinik spielte eine wichtige Rolle bei der Entwicklung des neuen Typs des implantierbaren Defibrillators, der das Risiko des plötzlichen Herztods deutlich verringert.

Das neuartige, sogenannte substernale extravaskuläre ICD-Gerät (Implantierbarer Kardioverter-Defibrillator), das im September 2023 auf den Markt kam, kann gefährliche Herzrhythmusstörungen bei geringerem Energieverbrauch wirksam beseitigen. Die Spezialisten des Városmajor Herz- und Gefäßzentrum der Semmelweis Universität spielten eine wichtige Rolle bei der Entwicklung und den klinischen Tests des Gerätes. Da die Klinik sowohl an der Entwicklung als auch an den anschließenden klinischen Studien beteiligt war, verfügte das Team unter der Leitung von Dr. Béla Merkely und seinen Kollegen Dr. Levente Molnár und Dr. Roland Papp über das praktische Wissen, um als erste eine erfolgreiche Implantation eines extravaskulären ICD (EV-ICD) nicht nur in Ungarn, sondern auch in der CEMA-Region, die Mittel- und Osteuropa, den Nahen Osten und Afrika umfasst, durchzuführen.

Seit der Operation geht es dem 19-jährigen Patienten, bei dem eine Herzmuskelverdickung diagnostiziert wurde, gut, er hatte keine Herzrhythmusstörungen und musste nicht ins Krankenhaus eingeliefert werden, sagte Dr. Levente Molnár, klinischer Chefarzt über den ersten Eingriff. Mitte Dezember wurde ein zweiter erfolgreicher Eingriff durchgeführt, ebenfalls bei einem jüngeren Patienten mit dem Risiko für einen plötzlichen Herztod, der unter Narkose einen neuartigen implantierbaren Defibrillator erhielt.

Dieses Gerät wird von Ärzten hauptsächlich in zwei Fällen eingesetzt: wenn die Vorgeschichte des Patienten auf ein sehr hohes Risiko eines plötzlichen Herztodes über einen Zeitraum von fünf Jahren hindeutet und der EV-ICD implantiert wird, um dies zu verhindern, oder als Sekundärprävention, wenn der Patient bereits eine lebensbedrohliche Arrhythmie überwunden hat. Bei lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen ist das Risiko eines plötzlichen Herztods nicht in erster Linie altersabhängig, sondern hängt mit dem pathologischen Hintergrund zusammen, z. B. wenn der Patient einen Herzinfarkt erlitten hat, bei ihm eine eingeschränkte linksventrikuläre Funktion diagnostiziert wurde oder in seiner Familie ein plötzlicher Herzstillstand aufgetreten ist.

Während der Zusammenarbeit mit einem der weltweit führenden Unternehmen für medizinische Geräte und der fünf- bis sechsjährigen Forschungsarbeit, die zur Entwicklung des Geräts führte, war die Klinik an zwei großen Studien beteiligt. In der Akutphase wurde die Positionierung der Elektrode unter dem Brustbein in einer internationalen Studie getestet – einer weltweit führenden Studie – und in der anderen Studie wurde das Gerät nach der Implantation getestet.

Die CT-Analyse vor der Implantation, mit der die optimalen und sicheren anatomischen Parameter für das Einsetzen und den Betrieb des Geräts ermittelt werden können, wurde von den Experten der Klinik empfohlen und lieferte letztlich nicht nur dem Entwicklungsunternehmen, sondern auch den anderen an der Studie beteiligten Partnern wertvolle Daten

– erklärte Dr. Béla Merkely, Rektor der Semmelweis Universität und Direktor des Városmajor Herz- und Gefäßzentrums.

Dabei stellte sich heraus, dass es anatomische Parameter gibt, die, wenn sie vorhanden sind, die Herzfrequenz nur bei maximalem Energieaufwand wirksam regulieren können. Die Ergebnisse wurden von den an den Studien beteiligten Ärzten in einem in der Zeitschrift Europace veröffentlichten Artikel zusammengefasst. (Europace. 2022 May 3;24(5):762-773. doi: 10.1093/europace/euab243., The extravascular implantable cardioverter-defibrillator: characterization of anatomical parameters impacting substernal implantation and defibrillation efficacy

Levente Molnár, Ian Crozier, Haris Haqqani, David O’Donnell, Emily Kotschet, Jeffrey Alison, Amy E Thompson, Varun A Bhatia, Roland Papp, Endre Zima, Ádám Jermendy, Astrid Apor, Béla Merkely)

Das Neue am EV-ICD ist, dass die Elektrode, die die Herzfunktion steuert, hinter dem Brustbein implantiert wird, während das Gerät selbst unter der linken Achselhöhle platziert wird. (Die Elektrode eines herkömmlichen ICD wird durch eine Vene in die Herzhöhle eingeführt und an der Wand der rechten Herzkammer befestigt, während das Gerät unter dem linken Schlüsselbein implantiert wird. Bei einem anderen alternativen Gerät, dem subkutanen ICD, wird die Schrittmacherelektrode unter der Haut außerhalb des Brustkorbs platziert, während sich der Rest des Geräts in der linken Achselhöhle befindet). Die Elektrode des neuen EV-ICD-Typs befindet sich daher näher am Herzen, so dass weniger Energie für die Steuerung des Geräts benötigt wird, allerdings auch weniger für die Batterie, die es mit Energie versorgt. Darüber hinaus verfügt der EV-ICD wie herkömmliche ICDs über eine so genannte Anti-Tachykardie-Stimulationsfunktion, die den abnormalen Herzrhythmus im Falle einer Herzrhythmusstörung durch eine Reihe kleiner elektrischer Impulse und nicht nur durch Elektroschocks wieder normalisieren kann“ – erklärte Dr. Molnár Levente.

Der geringere Energieverbrauch hat für die Patienten u. a. den Vorteil, dass die Batterielebensdauer des Geräts fast die gleiche ist wie bei einem herkömmlichen ICD, aber länger als bei einem subkutanen ICD, sie kann sogar bis zu 11,5 Jahre betragen. Außerdem ist die EV-ICD-Elektrode im Gegensatz zu herkömmlichen Defibrillator-Elektroden, die in die rechte Herzkammer implantiert werden können, fest angebracht und daher weniger bruchgefährdet. Ein weiterer Vorteil für den Patienten: Da die Elektrode nicht in das Herz eindringt, ist das Infektionsrisiko geringer, sowohl während der Implantation als auch bei eventuell notwendigen Folgeeingriffen.

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Katalin Melinda Kiss
Foto: Dr. Levente Molnár – Semmelweis Universität
Übersetzung: Judit Szlovák