Die Zahl der Kinder, die an einer entzündlichen Darmerkrankung (IBD) leiden, ist in den letzten zwanzig Jahren drastisch angestiegen. In Ungarn gibt es etwa 60 000 Patienten, und die Krankheit tritt immer früher auf, was vor allem auf einen ungesunden Lebensstil mit Rauchen, ballaststoffarmer Ernährung und Fast Food zurückzuführen ist. Ein Fünftel der Betroffenen sind Kinder.
Es gibt zwei Gruppen von entzündlichen chronischen Darmerkrankungen (in Englisch: IBD): etwas weniger als die Hälfte der Patienten hat Morbus Crohn (chronische Entzündung des Magen-Darm-Systems), und die Mehrheit hat Colitis ulcerosa. Zwischen 15 und 20 Prozent der etwa 60.000 ungarischen Patienten sind Menschen unter 18 Jahre, und selten, aber sehr früh, können Formen der Krankheit bei Kindern unter 6 Jahren auftreten, die als pCED (pädiatrische CED) bezeichnet werden“ – sagt Dr. Pál Miheller.
Der außerordentliche Professor an der Klinik für Chirurgie, Transplantation und Gastroenterologie der Semmelweis Universität fügt hinzu, dass entzündliche Darmerkrankungen derzeit zu den unheilbaren chronischen Krankheiten zählen, so dass die Tatsache, dass sie in einem früheren Alter auftreten, die Medizin und die einzelnen Menschen vor viele Herausforderungen stellt. Wenn jemand beispielsweise im Alter von 15 Jahren an IBD erkrankt, muss er möglicherweise noch 65 bis 75 Jahre mit der Krankheit leben, was eine viel längere Zeitspanne ist, in der sich Komplikationen entwickeln, die nicht mehr mit Medikamenten behandelt werden können.
Gleichzeitig ist der Krankheitsverlauf aggressiver geworden: Während früher eine Fallzahlerhöhung mit milderem Verlauf im Alter zwischen 50 und 60 Jahren, ein so genannter Altersgipfel, zu beobachten war, kommt es jetzt immer häufiger zu einem schwereren Ausbruch der Krankheit
– erklärt der Gastroenterologe.
Dr. Pál Miheller weist auf die wichtigsten Anzeichen hin, von denen das offensichtlichste der blutige Stuhl ist. Bei der Colitis ulcerosa kommt er sehr häufig vor, so suchen die Patienten relativ früh einen Arzt auf, weil das Blut sichtbar ist. Andererseits treten bei Crohn-Patienten kürzere Durchfallepisoden auf, was ein weniger beängstigendes Symptom ist, so geht man nicht sofort zum Arzt und die Diagnose wird oft erst spät gestellt. Wenn also bei jemandem der Durchfall ohne ersichtlichen Grund wiederkehrt – zum Beispiel haben keine anderen Familienmitglieder Durchfall und kein Fieber -, der Durchfall jedoch von Gewichtsverlust, Müdigkeit, Schlaflosigkeit und Leistungsabfall begleitet wird, lohnt es sich immer, den Hausarzt aufzusuchen. Der Arzt kann dann u.a. mit Labor- und Stuhltests feststellen, ob es sich um einen vorübergehenden Zustand oder eine ernstere Erkrankung handelt. Der Hausarzt wird den Patienten dann gegebenenfalls an eine gastroenterologische Fachklinik einweisen.
Deshalb sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen wie Laboruntersuchungen, Stuhltests, Ultraschall und sogar Endoskopie bei symptomfreien Patienten von besonderer Bedeutung – betont der Experte.
Zu Beginn der Behandlung von CED werden Medikamente eingesetzt, häufig Steroide, aber laut Dr. Miheller sind Steroide keineswegs eine dauerhafte Lösung. Langfristig müssen sogenannte Immunsuppressiva eingesetzt werden, die genau den Teil des Immunsystems schwächen, der gegen den Körper arbeitet. Der Experte sagt, man sollte nicht befürchten, dass die Menschen dadurch anfälliger für andere Krankheiten werden; vielmehr sei es für ihr langfristiges Wohlergehen notwendig, diese Medikamente einzunehmen.
Wenn die Medikamente nicht wirken, kann eine Operation notwendig sein, bei der ein Teil des Darms entfernt wird. Mit modernen chirurgischen Verfahren ist es aber auch möglich, schonendere Eingriffe vorzunehmen, bei denen gar kein Darmabschnitt entfernt wird, sondern eine so genannte Darmplastik zum Einsatz kommt – erklärt der außerordentliche Professor.
Für Menschen, bei deren Familie die Krankheit bereits aufgetreten ist, ist eine gesunde, ballaststoff- und vitaminreiche Ernährung als vorbeugende Maßnahme besonders wichtig. Bei der Behandlung von Patienten mit IBD gehört neben einem Gastroenterologen und einem Chirurgen auch ein Ernährungsberater zum Ärzteteam, und die Ernährungstherapie hat dabei eine besondere Bedeutung.
Orsolya Dávid
Photo: Attila Kovács – Semmelweis Universität, featured image: iStock
Übersetzung: Judit Szlovák