Jährlich werden in Ungarn etwa 20-25 Kinder mit der vererbten Multiorganerkrankung namens Mukoviszidose (zystische Fibrose, CF) geboren. Die Symptome sind vielfältig, die Erkennung der Krankheit kann Jahre dauern und im fortgeschrittenen Stadium muss oft eine Lungen- oder Lebertransplantation durchgeführt werden. Eine neue Behandlungsmöglichkeit bieten jedoch das obligatorische Neugeborenen-Screening, das Anfang letzten Jahres auch auf Mukoviszidose ausgedehnt wurde, und eine Modulator-Therapie, die auf das defekte Protein abzielt und seit einem Jahr in Ungarn verfügbar ist. In diesem Artikel berichten Kollegen der Kinderklinik der Semmelweis Universität über ihre Erfahrungen seit der Einführung des Screenings und der neuen Therapie. Die Universitätsklinik ist eines der beiden Zentren, wo man das Neugeborenen-Screening durchführt, und es werden weitere neue innovative Entwicklungen und Methoden eingesetzt, um den Patienten bei der Genesung zu helfen.

Luca ist 21 Monate alt. Ihr Lieblingsspielzeug ist Bing Bunny, sie liebt es, draußen zu sein, zu schaukeln, im Sand und im Matsch zu spielen, sowie in die Pfütze zu springen. Sie ist also genau wie alle ihre Altersgenossen. Aber sie gehört zu den etwa 20-25 Kindern pro Jahr, die mit Mukoviszidose (CF) geboren werden, einer genetischen Krankheit, die mehrere Organe beeinträchtigt. Und sie ist das erste Kind, bei dem die Krankheit im Alter von nur wenigen Wochen in der Kinderklinik der Semmelweis Universität diagnostiziert wurde, dank eines landesweiten Mukoviszidose-Screening-Programms für Neugeborene, das Anfang letzten Jahres gestartet wurde.

Wir waren sehr erschrocken, als wir aufgrund der Ergebnisse des Bluttests zu einem Schweißtest eingeladen wurden und die Krankheit dann bestätigt wurde. Wir wussten nicht einmal, womit wir zu tun haben, aber es wurde uns gesagt, dass der Ausgang der Krankheit möglicherweise so schwer sein könnte, dass später eventuell eine Lungen- oder Lebertransplantation notwendig wird. Die ersten 6-12 Monate würde ich niemandem wünschen, ich war am Ende, erst bei der Einjahresuntersuchung habe ich mich etwas beruhigt.

– erinnert sich Lucas Mutter an den Anfang.

Schweißtest in der Universitätsklinik. Das Foto ist eine Illustration!

Glücklicherweise entwickelt sich das kleine Mädchen sehr gut und ist dank der Therapie symptomfrei. “Es ist eine Krankheit, mit der sowohl die Eltern als auch das Kind lernen müssen, zu leben. Wir besuchen regelmäßig Dr. Judit Kincs in der Kinderklinik, wir inhalieren zweimal am Tag, wir machen das spezielle Brustkopf-Abklopfen, das empfohlen wird, und mittlerweile ist uns alles selbstverständlich geworden” – sagt die Mutter und betont, dass es ihnen sehr viel bedeutet, zu wissen, dass sie in guten Händen sind und jederzeit auf den Arzt zählen können. “Unser kleines Mädchen hatte bei der Geburt keine Symptome, und es ist für uns immer noch unverständlich, dass ein Kind, das gesund zu sein scheint, klug und intelligent ist und sich prächtig entwickelt, eine so schwere Krankheit hat. Wir wissen nicht, warum uns das passiert ist, aber es ist schön, dass wir dank des Screenings von Anfang an über die Krankheit Bescheid wissen, so wir alles tun können, um sicherzustellen, dass es unserem kleinen Mädchen gut geht” – sagte die Mutter von Luca.

Im Januar 2022 wurde in Ungarn das obligatorische Mukoviszidose-Screeningprogramm für Neugeborene eingeführt, womit sich die Zahl der seltenen Erbkrankheiten, auf die nach der Geburt untersucht wird, auf 27 erhöht hat. Als eines der beiden Zentren in Ungarn, in denen Blutproben ausgewertet werden, und als führendes Mukoviszidose-Betreuungszentrum spielte die Kinderklinik der Semmelweis Universität eine aktive Rolle bei der Vorbereitung der Einführung des Mukoviszidose-Screenings – sagte Dr. Attila Szabó, Direktor der Klinik und Vorsitzender des klinischen Zentrums der Universität. Mukoviszidose ist zwar eine seltene Krankheit, aber die häufigste der so genannten autosomal-rezessiven Erbkrankheiten in Europa. Sie geht mit einer abnormen Sekretion der endokrinen Drüsen einher und verursacht vor allem schwere Komplikationen der Atemwege und des Verdauungssystems, schädigt aber auch andere Organe” – erklärte der Direktor und betonte, dass die internationale Erfahrung zeige, dass die Lebenserwartung in den Fällen, in denen die Krankheit bei der Geburt erkannt wird, viel höher und die Lebensqualität besser ist. Die Bedeutung der Vorsorgeuntersuchungen wird dadurch unterstrichen, dass seit letztem Herbst in Ungarn eine neue Behandlung, die CFTR-Modulator-Therapie, zur Verfügung steht, die an der Basis der Krankheitsentstehung ansetzt, d. h. an der Funktion des Chloridkanals, der aufgrund einer genetischen Mutation geschädigt ist.

Das Stoffwechsellabor der Kinderklinik

Vor der Einführung des Screenings waren Kinder oft schon im Schulalter, wenn sie von Arzt zu Arzt geschickt endlich die Antwort auf die vielen Symptome und eine Diagnose erhielten. Während dieser Zeit kann die Krankheit irreversible Schäden verursachen, nicht nur an den Atemwegen und der Leber, sondern auch an der Entwicklung der Kinder. Es ist kein Zufall, dass ein erheblicher Teil der jungen Lungentransplantierten CF hat.

Es ist einzigartig in Ungarn, dass unsere Klinik alle Arten der Versorgung, von der Neugeborenenversorgung bis zur Betreuung nach einer Lungentransplantation, an einem Ort anbietet. Da Mukoviszidose fast alle Organsysteme betrifft, werden die Patienten von der Geburt bis zum Erwachsenenalter von einem multidisziplinären Team aus Pneumologen, Gastroenterologen, Leberspezialisten, Chirurgen, Endokrinologen, Ernährungsberatern, Physiotherapeuten und Psychologen betreut. Darüber hinaus haben meine Kollegen ein spezialisiertes Atemfunktionslabor eingerichtet, das in Ungarn einzigartig und auch international herausragend ist” – sagte Dr. Attila Szabó.

„Es ist ein großer Fortschritt, dass wir dank des Screenings frühzeitig mit der Behandlung beginnen können und so sich die Symptome erst in späteren Jahren herausbilden. Gleichzeitig ist es eine enorme psychische Belastung für die Familie, wenn sich herausstellt, dass ein scheinbar gesundes Kind eine solch schwere Krankheit hat” – erklärte Dr. Judit Kincs, abteilungsleitende Oberärztin und Koordinatorin des Mukoviszidose-Screenings an der Klinik.

Wie bereits erläutert, kann die Mukoviszidose durch einen langwierigen, aber völlig schmerzlosen Schweißtest bestätigt werden. Neugeborene, bei denen ein Marker für Mukoviszidose vorliegt, der vom erwarteten Wert beim obligatorischen Neugeborenenscreening abweicht, werden zu diesem Test eingeladen.

Ziel ist es, alle Patienten bis spätestens zum Alter von sechs Wochen testen zu lassen. Im Falle eines positiven Ergebnisses werden die Eltern in der Woche nach der Diagnose dem multidisziplinären Betreuungsteam vorgestellt” – sagte Dr. Judit Kincs.

Ohne Behandlung können die ersten Symptome in der Regel im Alter von einigen Monaten in Form einer Malabsorption aufgrund einer Funktionsstörung der Bauchspeicheldrüse auftreten. Bei rechtzeitiger Diagnose können mit Hilfe von Verdauungsenzymen Wachstumsstörungen verhindert werden, und die Tatsache, dass das Kind gut wächst, ist ebenfalls sehr hilfreich, um Lungensymptome zu vermeiden. Wird bei einem Kind Mukoviszidose festgestellt, werden die Eltern genetisch beraten und bei den jüngeren Geschwistern Schweißtests durchgeführt” – erklärte sie.

Säuglinge mit asymptomatischer Mukoviszidose sollten zunächst jeden Monat, dann alle zwei Monate und ab dem Alter von einem Jahr alle drei Monate untersucht werden und bei Auftreten von Symptomen (z. B. Husten, Würgen) sollten sich die Eltern mit dem Kind sofort um eine Untersuchung anmelden. Den Eltern wird beigebracht, wie man Physiotherapie, Schleimlösung und Inhalation durchführt – dies sollte in die tägliche Routine zu Hause eingebaut werden. 

Bei Mukoviszidose wird besonderer Wert auf laufende Lungenkontrollen gelegt. Der grundlegendste Atemfunktionstest, der bei dieser Krankheit eingesetzt wird, ist die Spirometrie, auch bekannt als Exspirationstest. Dieser Test ist jedoch erst ab dem Alter von 6 Jahren zuverlässig anwendbar und mit ihm können nur späte Lungenläsionen erkannt werden” – sagt Dr. Dorottya Czövek, Assistenzprofessorin an der Klinik und Leiterin des speziellen Lungenfunktionslabors. Deshalb wird weltweit diskutiert, was eine Alternative zur Spirometrie sein könnte. Die international bereits weit verbreitete Multiple Breath Washout (MBW)-Technik steht in Ungarn nur im innovativen Atemfunktionslabor der Kinderklinik der Semmelweis Universität zur Verfügung – die Erfahrungen darüber hat Dr. Dorottya Czövek gesammelt, die mehrere Jahre in der Schweiz und in Australien vor allem in der Forschung gearbeitet und sich in der klinischen Praxis mit Mukoviszidose und anderen seltenen Krankheiten beschäftigt hat. Mit dieser Technik kann untersucht werden, wie heterogen die Lungenstruktur ist, sie kann jedoch nur bei Personen über 3 Jahren angewendet werden.

Eine ungarische Entwicklung, die sich in der Forschungsphase befindet, ist landesweit die Einzige, die in der Klinik erprobt wird, um die Atemfunktion kleinerer Säuglinge, sogar von Neugeborenen, zu testen. Mit Hilfe der Oszillometrie können der Atemwegswiderstand und die Flexibilität des Lungengewebes bestimmt werden; sie wird bei allen Säuglingen durchgeführt, bei denen Mukoviszidose diagnostiziert wurde. Es wird intensiv geforscht, um festzustellen, welche Bedeutung dies für das Krankheitsbild und die Behandlung der Krankheit hat” – sagte Dr. Dorottya Czövek. Gleichzeitig kann die Tatsache, dass die Kinder, bei denen ein Screening durchgeführt wurde, von Anfang an und regelmäßig mit diesem Instrument untersucht werden, einen guten Hinweis auf das Fortschreiten der Krankheit geben” – fügte sie hinzu.

Bei Mukoviszidose spielt die nicht-invasive Beatmungsunterstützung eine wichtige Rolle, wenn sich die lungenbedingten Symptome verschlimmern. Wenn die Atemfunktion eines Kindes mit Mukoviszidose unter 50 Prozent gesunken ist, lohnt sich eine Schlafuntersuchung zu machen, und wenn das Ergebnis eine Abweichung zeigt, sollte die nicht-invasive Beatmungsunterstützung eingestellt werden. Im Rahmen des Klinikprogramms für nicht-invasive Atemunterstützung zu Hause werden derzeit 85 Kinder behandelt, von denen sechs an CF leiden.

Laut dem US-amerikanischen Center for Disease Control and Prevention gehört das obligatorische Neugeborenen-Screening auf angeborene Stoffwechselkrankheiten zu den zehn wichtigsten Gesundheitsleistungen – betont Dr. Ildikó Szatmári, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Kinderklinik und Leiterin des Stoffwechsellabors. Das Screening wird an zwei Orten in Ungarn durchgeführt, nämlich an der Semmelweis Universität und in Szeged. In den Tagen nach der Geburt wird bei den Neugeborenen im örtlichen Krankenhaus ein Fersenbluttest gemacht. Diese Probe wird auf ein Filterpapier gelegt, das in die Zentren geschickt wird, und die Kollegen verwenden spezielle Methoden, um die Krankheit anhand dieser Blutstropfen auf dem Filterpapier zu diagnostizieren.

“Um auf Mukoviszidose zu testen, untersuchen wir den immunreaktiven Trypsinogenspiegel. Anhand des Grades der Abweichung entscheiden wir, ob es ausreicht, den Bluttest in der ersten Runde zu wiederholen, oder ob es notwendig ist, bei dem Baby sofort einen Schweißtest zu machen. Bei der Analyse der Blutproben ist es sehr wichtig, die Familien so wenig wie möglich zu beunruhigen und zu erschrecken, gleichzeitig aber auch keinen Patienten durch unser Screening entwischen zu lassen” – erklärt Dr. Ildikó Szatmári.

Über die Erfahrungen des ersten Jahres – basierend auf nationalen Daten – veröffentlichten die Mitarbeiter der Klinik einen Artikel im International Journal of Neonatal Screening. Sie stellten fest, dass landesweit fast 88 400 neonatale Stoffwechseltests durchgeführt wurden, wobei in 1331 Fällen der Test auf Mukoviszidose positiv war und in 1171 Fällen entschied man sich für einen erneuten Bluttest. Schließlich mussten insgesamt 256 Neugeborene zu Bluttests und klinischen Untersuchungen eingeladen werden, und in 18 Fällen wurde die CF bestätigt.

 

Pálma Dobozi
Photo: Bálint Barta, Attila Kovács – Semmelweis Universität
Übersetzung: Judit Szlovák