Auf einer von der Klinik für Augenheilkunde der Semmelweis Universität und der Nationalen Vereinigung der Taubblinden organisierten Konferenz diskutierten Experten und betroffene Patienten über die neuesten, angewandten und vielversprechenden Behandlungsmöglichkeiten für erbliche Netzhauterkrankungen, einschließlich der Gentherapie.

In Ungarn leben mehr als eine halbe Million Menschen mit einer Behinderung, und ein Fünftel von ihnen hat eine kumulative Behinderung, d. h. sie haben mehr als eine Behinderung, die ihnen im täglichen Leben Schwierigkeiten bereitet. Im engeren Sinne gibt es in Ungarn 3.000 Taubblinde, dazu kommen etwa 15.000 Menschen mit irgendeiner Form von Seh- oder Hörbehinderung. Durch die neue Pflegepolitik, die auf der gemeinsamen Verantwortung aller beruht, soll sichergestellt werden, dass nicht nur die Grundbedürfnisse – wie in vergangenen Jahrzehnten – gedeckt werden, sondern die Familie, die lokalen Gemeinschaften und die Kirchen, und die Regierung und das Gesundheitssystem sollten einbezogen werden, um allen Betroffenen gleiche Chancen zu bieten und die soziale Eingliederung zu erleichtern” – sagte Péter Csizi, Staatssekretär für soziale Angelegenheiten des Innenministeriums, auf der von der Klinik für Augenheilkunde der Semmelweis Universität und der Nationalen Vereinigung der Taubblinden organisierten Veranstaltung zum Thema “Erbliche Netzhauterkrankungen”: Diagnostik, Therapie, Rehabilitation, Interessenvertretung.

Heutzutage wird der Informationserwerb beschleunigt und basiert zu 90-95 Prozent auf dem Sehen, und die meisten sehbehinderten Menschen sind auf externe Hilfe angewiesen – sagte Dr. Zoltán Zsolt Nagy, Direktor der Klinik für Augenheilkunde an der Semmelweis Universität. Er betonte, dass die Entwicklung der Augenheilkunde und insbesondere der Gentherapie dazu geführt hat, dass die Lebensqualität von mehreren Patienten durch die heutigen medizinischen Behandlungen verbessert wird, und dass die Klinik für Augenheilkunde zusammen mit dem Institut für Anatomie auch mit der Forschungsgruppe von Dr. Botond Roska zusammenarbeitet, was hoffentlich zu bedeutenden Veränderungen im Leben der Patienten führen wird. Er berichtete auch, dass die Klinik für Augenheilkunde bereits 10 erfolgreiche genchirurgische Eingriffe mit sehr positiven Ergebnissen durchgeführt hat. Ich hoffe, dass diese Konferenz zu einer Tradition wird, bei der sich Ärzte und Patienten sowie Patientenvertreter treffen und Informationen austauschen können” – fügte Dr. Zoltán Zsolt Nagy hinzu.

Auf der Konferenz wurde ein 30-minütiger Dokumentarfilm über die Arbeit von Dr. Botond Roska gezeigt, der einen Einblick gibt, wie der in der Schweiz lebende Professor 20 Jahre lang geforscht und Durchbrüche in der Optogenetik zur Wiederherstellung des Sehvermögens erzielt hat. Derzeit arbeitet er daran, die von ihm entdeckte sehverbessernde Behandlung zu einer für pharmazeutische Unternehmen rentablen Therapie zu entwickeln. Der Regisseur Ferenc Téglásy erzählte den Zuhörern, was hinter den Kulissen des Dokumentarfilms geschah.

Das Fachprogramm wurde von Dr. Krisztina Knézy, Klinische Chefärztin, mit einem Vortrag über die Arten und Symptome erblicher Augenkrankheiten und die Bedeutung der altersbedingten Vorsorgeuntersuchungen im frühen Kindesalter in Ungarn eröffnet. Sie wies darauf hin, dass Krankenschwestern bei der Untersuchung von Kleinkindern unverzichtbar sind, und erwähnte, dass die außerordentliche Professorin der Klinik, Dr. Amarilla Barcsay-Veress, Fortbildungskurse über die neuesten Forschungsergebnisse zur Früherkennung von Netzhautdystrophien organisiert. Dr. Viktória Szabó, außerordentliche Professorin der Klinik, gab einen Überblick über die Situation des genetischen Screenings in Ungarn und erwähnte, dass es seit 2019 eine Klinik für Augengenetik an der Semmelweis Universität gibt und dass die Einrichtung seit 2021 eine Kooperationsvereinbarung mit der Forschungsgruppe von Professor Roska in Basel hat.

Dr. Annamária Ditta Zobor, außerordentliche Professorin, erklärte, dass die Wissenschaft mehr als 300 solche Gene kennt, die Netzhauterkrankungen verursachen können, und dass die Funktion eines einzigen Gens sogar mehrere Krankheiten verursachen kann. Dies und die Wahl der Behandlungsstrategie hängen zum Teil davon ab, in welchem Stadium die Augenärzte Patienten mit bestimmten Krankheiten antreffen. Oft sind die therapeutischen Möglichkeiten begrenzt und mitunter ist auch die Verhinderung einer weiteren Verschlechterung ein Erfolg. In ihrem Vortrag gab sie einen Überblick über die derzeit verfügbaren und die in der Versuchsphase befindlichen therapeutischen Optionen und die damit erzielbaren Ergebnisse: von medikamentösen Optionen bis hin zu Gentechnik, Stammzelltherapie, Optogenetik und subretinalen Implantaten (in Ungarn wurde bisher bei zwei Patienten ein solcher sehverbessernder Mikrochip implantiert).

Dr. Anita Gáborján, Assistenzprofessorin und Leiterin der audiologischen Abteilung der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde und Kopf- und Halschirurgie der Semmelweis Universität, sprach über die Behandlungsmöglichkeiten, die es heute im Bereich der Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde für genetische Syndrome gibt, die mit Hör- und Sehbehinderungen einhergehen. Die Konferenzteilnehmer hörten einen Vortrag über die beruflichen Interessenvertretungsaktivitäten des Ungarischen Blinden- und Sehbehindertenverbands und der Nationalen Vereinigung der Taubblinden sowie einen Vortrag von Zsolt Szilaj, dem Leiter des Zentrums für primäre Rehabilitationsmethodik für Sehbehinderte am Nationalen Institut für Sozialpolitik Margit Slachta, über das heutige Angebot an primären Rehabilitationsdiensten in Ungarn. Sie präsentierten auch die Dienstleistungen, die im Grundrehabilitationszentrum der Nationalen Vereinigung der Taubblinden angeboten werden.

Die Veranstaltung stand nicht nur Fachleuten – Augenärzten, HNO-Ärzten, Medizinstudenten, Heilpädagogen – offen, sondern auch seh- und hörbehinderten Menschen und ihren Familien, die von Gebärdendolmetschern und synchroner Textprojektion unterstützt wurden.

 

Melinda Katalin Kiss
Photo: Bálint Barta – Semmelweis Universität
Übersetzung: Judit Szlovák