Zur Unterstützung von Patienten, Kindergartenkindern der András-Pető-Fakultät und Studierenden an der Semmelweis Universität werden Therapiehunde eingesetzt. Experten zufolge löst die Anwesenheit von Tieren und die Interaktion mit ihnen Spannungen, baut Stress ab, und wirkt sich positiv auf die psychische Gesundheit aus. Im Herbst wird ein internationales Nischenforschungsprojekt unter der Leitung des Instituts für Verhaltenswissenschaften an der Semmelweis Universität gestartet, um die Wirksamkeit der Pferdetherapie besser zu verstehen.

Es vergeht kaum eine Woche in der Notaufnahme der Kinderklinik der Semmelweis Universität ohne den Besuch von Pfirsich, dem Golden Retriever, und Kokosnuss, dem Labradoodle. Die Therapiehunde der Stiftung „Támugatók“ („Unterstützer“) und ihre Besitzer verbringen zweimal wöchentlich einen halben Tag in der Klinik, um zu einem reibungslosen Ablauf der Behandlung beizutragen, indem sie vor allem die Ängste der Patienten lindern.

Die Kinder kommen ja mit unterschiedlichen Erkrankungen bei uns vorbei, aber sie haben alle die gleiche Angst: Sie wissen, dass sie Untersuchungen, z. B. Bluttests, unterzogen werden und sehen uns daher als eine Art „Gewalt-Organisation“. Die Anwesenheit von Hunden und der spielerische Umgang mit ihnen löst ihre Anspannung und verringert die psychische und physische Belastung des Krankenhausaufenthalts

– sagt Dr. Péter Krivácsy, Klinikleiter.

Kinder, die auf ihre Behandlung warten, können zum Beispiel mit Hilfe ihrer Besitzer dem Herzschlag der Tiere lauschen oder die Verabreichung von Medikamenten nachahmen und sich so entspannen, öffnen und mehr auf sich einlassen. Im vergangenen Jahr wurden Hunderte von kranken Kindern in der pädiatrischen Notaufnahme von Semmelweis mit Therapiehunden behandelt, und die Anwesenheit der Tiere war besonders für Patienten mit besonderen Bedürfnissen hilfreich, wie zum Beispiel bei Autismus-Spektrum-Störungen“ – sagt Dr. Péter Krivácsy.

Tiergestützte Interventionen werden in der Medizin schon lange eingesetzt. In anderen Ländern wird zum Beispiel die „Welpen-Therapie“ am Arbeitsplatz immer beliebter. Dort werden Welpen-Sitzungen für die Mitarbeiter organisiert, um den Stress bei der Arbeit durch gemeinsames Spielen abzubauen.

„Es handelt sich dabei um eine sogenannte tiergestützte Aktivität, bei der das Tier in eine Freizeitbeschäftigung einbezogen wird, die jedoch nicht von einem Therapeuten begleitet wird. Es gibt auch die tiergestützte Therapie (AAT), die immer Teil eines geplanten Fachprogramms ist und von einem Therapeuten geleitet wird. Am häufigsten wendet man Hunde- oder Pferden-Therapie an, aber manchmal werden auch Katzen, Kaninchen oder andere Nutztiere in den therapeutischen Prozess einbezogen“ – erklärt Dr. György Purebl, Direktor des Instituts für Verhaltenswissenschaften an der Semmelweis Universität.

AAT wird in vielen Bereichen eingesetzt, am häufigsten wohl bei der Behandlung von psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Angstzuständen und posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS). Sie ist zum Teil wegen ihrer „Eisbrecher“-Funktion beliebt, da Hunde den Patienten helfen, sich zu entspannen, ihre Anwesenheit liefert Gesprächsstoff, und fördert die soziale Interaktion. Andererseits kann die Arbeit mit Tieren dazu beitragen, die Beziehungsprobleme und -schwierigkeiten der Betroffenen in einem „geschützten Rahmen“ aufzuzeigen und zu bearbeiten.

An der Semmelweis Universität führt das Institut für Verhaltenswissenschaften seit drei Jahren ein erfolgreiches Selbsterkenntnisprogramm, bei dem Universitätsstudenten acht Wochen lang zwei Stunden pro Woche an Gruppensitzungen mit Molly und Shining, den Therapiehunden der Stiftung „Hunde ohne Grenzen“, teilnehmen können. Bei Leistungsängsten, Kommunikationsschwierigkeiten bis hin zu sozialer Isolation können sie sich für das Training anmelden.

Eine der Aufgaben während des Programms ist zum Beispiel ein Futterverweigerungs-Test, bei dem die Studierenden dem Hund zu verstehen geben müssen, dass er die Wurst, die in seiner Nähe liegt, nicht fressen darf.

Häufig steckt dahinter eine unklare Kommunikation der Person – sie sagt verbal etwas und mit ihrer Körpersprache etwas anderes, und der Hund frisst das Leckerli. Tiere reagieren viel deutlicher auf unsere nonverbalen Signale und halten uns einen Spiegel vor, wenn wir nicht in der Lage sind, unsere Absichten zu vermitteln und unsere Grenzen in einer Situation zu ziehen“

– erklärt Edina Kardos, klinische Psychologin am Institut für Verhaltenswissenschaften.

Der therapeutische Einsatz von Tieren kann auch bei der Rehabilitation des Muskel-Skelett-Systems helfen. Hundetrainings werden auch für Patienten mit Schlaganfall oder Parkinson-Krankheit weltweit eingesetzt.

An der Semmelweis Universität besuchen Bodza, der Labrador, und Rio, der Mischlingshund – Hunde der Stiftung „Támugatók“, regelmäßig den Kindergarten der András-Pető-Fakultät.  Auch Kinder mit Störungen des zentralen Nervensystems besuchen das Institut, wo 45-minütige Hundetherapien alle zwei Wochen in den konduktiven Unterricht integriert werden.

„Bodza und Rió mit ihren Besitzern bereiten nicht nur eine große Freude für die Kinder, sondern auch eine erstaunliche Motivationskraft“ – sagt Gáborné Antoniné, Leiterin des Kindergartens. Während der spielerischen Sitzungen führen die Kindergartenkinder, die oft Schwierigkeiten haben, sich zu bewegen, Bewegungen für die Hunde aus, die sie in einer traditionellen Sitzung vielleicht nicht machen würden – fügt sie hinzu.

„Sie legen den Tieren zum Beispiel durch das Anheben eines Hula-Hoop-Reifens Hindernisse in den Weg, oder sie strecken ihre Hände aus, um eine Belohnung zu geben. Für viele Kinder ist es schon eine große Verbesserung, wenn sie nur 15 Sekunden lang den Kopf hochhalten, weil sie sich für das interessieren, was die Hunde tun. Das sind bedeutende Ergebnisse für die Kinder, die zu uns kommen, und auch für uns, die Trainer“ – erklärt Gábor Antoniné.

Frühere Forschungen haben bewiesen, dass sich die Anwesenheit von Tieren positiv auf unsere psychische Gesundheit auswirken kann, aber es gibt viel weniger Daten über den physiologischen Hintergrund der tiergestützten Therapie (AAT) – erklärt Dr. György Purebl und fügt hinzu, dass sie in ihrem aktuellen Projekt versuchen herauszufinden, welche messbaren physiologischen Veränderungen die tiergestützte Therapie im Dreieck Tier-Trainer-Patient bewirkt.

In der Literatur ist das Phänomen der „Synchronisation“ in Gestüten bekannt, bei dem sich die Pferde aufeinander einstellen, d.h. sie übernehmen wechselseitig die Spannung des anderen.

Fühlt sich ein Pferd bedroht oder ängstlich, werden die anderen ebenfalls angespannt. Die Hypothese der Semmelweis-Spezialisten ist, dass sich die Übertragung von Emotionen auf andere Lebewesen in der Umgebung des Tieres, also auf den Therapeuten und den Patienten, ebenfalls ausweiten kann.

Die niedrigere Puls- und Atmungszahl, die Körpertemperatur und der Bewegungsrhythmus von Pferden haben eine beruhigende Wirkung auf den Menschen. In unserer aktuellen Forschung versuchen wir herauszufinden, ob sich dies durch objektive Parameter in der Pferd-Patienten-Beziehung nachweisen lässt, d. h. ob sich messbare physiologische Merkmale wie die Herzfrequenz bei allen Teilnehmern während der Sitzungen in ähnlicher Weise verändern. Wir versuchen herauszufinden, bei wem die emotionale Übertragung beginnt und wie und in welcher Reihenfolge die inneren Zustände übertragen werden, was der Grundstein für eine tiergestützte Therapie sein könnte“ – ergänzt Dr. György Purebl.

Bodza, Rio, Pfirsich, Kokosnuss, Molly und Shining haben zurzeit Sommerferien, werden aber ab September in ihre jeweiligen Abteilungen an der Semmelweis Universität zurückkehren.

 

Angelika Erdélyi
Foto: Attila Kovács – Semmelweis Universität; Eszter Bálint, Edina Kardos und Fotosammlung der András-Pető-Fakultät
Übersetzung: Judit Szlovák