Der Kurs für gynäkologische Kadaverchirurgie an der Semmelweis Universität, bei dem geübt wurde, wie eine der Komplikationen der laparoskopischen Hysterektomie, der derzeit modernsten Methode, vermieden werden kann, bot eine einmalige Gelegenheit zur chirurgischen Weiterbildung in Ungarn. Zwölf Personen – darunter sieben Fachärzte der Klinik für Geburtshilfe und Gynäkologie – absolvierten den Kurs, der in dem im vergangenen Jahr eingeweihten interdisziplinären OP-Saal für Kadaverchirurgie stattfand. Die Entwicklung der für diese Art der Chirurgie erforderlichen manuellen Fertigkeiten war in Ungarn bisher nur mit Hilfe von Trainern, Tiermodellen oder assistierter Chirurgie möglich, während laparoskopische gynäkologische Eingriffe an Kadavern (d. h. Verstorbenen), die eine lebensechte Umgebung bieten, bisher nur in schwer erreichbaren Kursen im Ausland durchgeführt werden konnten. Im spezialisierten Kadaver-Operationssaal der Universität werden im Herbst sieben weitere Praxiskurse für Vertreter anderer Fachrichtungen organisiert.
Die modernste Art, Hysterektomien bei gutartigen Erkrankungen durchzuführen, ist die laparoskopische Variante, da dieses Verfahren in vielerlei Hinsicht vorteilhafter für die Patienten ist. Die einzige Möglichkeit zum Erlernen manueller Fertigkeiten, die erforderlich sind, um die seltene, aber schwerwiegende Komplikation der Hysterektomie, d. h. die Schädigung des Harnleiters, zu erkennen und zu vermeiden, war das Üben an Beckentrainern, Tiermodellen und die Assistenz bei laparoskopischen Eingriffen. Darüber hinaus war das Üben an Leichen (an menschlichen Leichenteilen) in einer lebensnahen Gewebeumgebung nur in Kursen im Ausland möglich, bis der am 24. November letzten Jahres eröffnete interdisziplinäre Kadaver-Operationssaal die dafür notwendige Infrastruktur schuf“ – erklärte Dr. Noémi Csibi, Assistenzprofessorin der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Initiatorin und Organisatorin des Kurses. Mit dem im Anatomischen, Histologischen und Embryologischen Institut angesammelten Fachwissen und den im Rahmen des Gesundheitsgesetzes und der Leichenpolitik des Universitätssenats für Lehr- und Forschungszwecke gespendeten Leichen hat sich eine große Chance für die postgraduale Ausbildung und die Organisation von Kursen für Kadaverchirurgie ergeben“ – fügte Dr. Tamás Ruttkay, außerordentlicher Professor des Anatomischen, Histologischen und Embryologischen Institut, hinzu.
Die Teilnahmevoraussetzung für den bahnbrechenden Kurs, der am 7. Juni stattfand, war das Bestehen von Grundkenntnissen in der laparoskopischen Chirurgie, wobei die Teilnehmer mindestens 25 solcher Operationen assistiert oder durchgeführt haben mussten, um den größtmöglichen Nutzen bei dem Kurs zu erzielen – erklärte Dr. Noémi Csibi und betonte, dass die manuellen Fertigkeiten, die für die laparoskopische Chirurgie erforderlich sind, durch viele Übungsstunden mit Trainern, Videokursen, Operationen am Tiermodellen oder Assistenz erworben werden können und sollten. Dann kommt die Kadaverchirurgie, die die höchste Ausbildungsstufe darstellt, eine bedeutende Weiterbildungsoption mit echter menschlicher Anatomie und Gewebeumgebung.
In diesem Kurs ging es nicht darum, die Grundlagen der laparoskopischen Hysterektomie zu üben, man wollte eher eine nicht sehr häufige, aber umso gefährlichere Komplikation vermeiden: die Verletzung des Harnleiters. „Das Ziel war es, unsere Studierenden in die Lage zu versetzen, genau einzuschätzen und zu wissen, wann es sinnvoll ist, den Harnleiter von dem umliegenden Gewebeschichten freizulegen. Denn dies wird selten routinemäßig durchgeführt“ – erklärte Dr. Noémi Csibi. „Das Freilegen des Harnleiters erfordert mehr Geschick und kann in schwierigen chirurgischen Situationen notwendig sein, daher haben wir auch versucht, uns teilweise darauf zu konzentrieren, wie ein unerfahrener Chirurg erkennt, wenn er mit einer Komplikation konfrontiert wird. Wenn er darauf eingestellt ist, wird die Operation mit der richtigen Vorbereitung, Unterstützung und Ausrüstung viel besser verlaufen, als wenn er davon überrascht ist. Wir haben versucht, auch in dem dreistündigen theoretischen Teil des Kurses darauf aufmerksam zu machen, aber das Hauptziel war, zu lernen, wie man eine mittelschwere Operation sicher durchführt. Soweit ich weiß, wurde ein solcher Kurs in gynäkologischer Kadaverchirurgie in Ungarn noch nie veranstaltet“ – bemerkte Dr. Noémi Csibi.
Wir haben die Anzahl der Arbeitsplätze gemeinsam optimiert, so dass am Ende die 12 Teilnehmer – sieben davon Mitarbeiter der Universität, zwei Drittel davon Assistenzärzte – an vier Arbeitsplätzen mit einem Trainer pro Arbeitsplatz üben konnten“ – erläuterte Dr. Tamás Ruttkay die technischen Bedingungen. Nach Rückmeldung am Ende des Tages konnten alle Teilnehmer ihre anatomischen und praktischen Kenntnisse erweitern und haben alle den akkreditierten Kurs bestanden“ – sagte Dr. Noémi Csibi und fügte hinzu, dass bereits jetzt klar ist, wie groß die Nachfrage nach solchen Schulungen ist.
So nützlich die chirurgische Weiterbildung an Kadavern auch ist, so schwierig ist es, ähnliche Schulungen weltweit zu organisieren, da die Stückkosten hoch, die Zahl der Kadaverspenden gering und die Vorschriften für Autopsie und Leichenverwaltung streng sind, betonte Dr. Tamás Ruttkay. Das günstige inländische Regelungsumfeld (in Ungarn) und der neue interdisziplinäre Operationssaal eröffnen jedoch enorme Perspektiven für die einheimischen Aus- und Weiterbildung von Ärzten, die wir durch den Einsatz von Krankheitsmodellen weltweit einzigartig machen wollen. Das ist ein Plus, das es in bestimmten Fachgebieten praktisch nirgendwo auf der Welt gibt“ betonte Dr. Tamás Ruttkay.
„Unser Konzept besteht darin, die Kadaver in eine Situation zu versetzen, die weitgehend mit denjenigen von lebenden Patienten vergleichbar ist, und so können wir den Schwerpunkt auf einen gezielten therapeutischen Eingriff legen. So wurden beispielsweise standardisierte künstliche Tumore vor dem Kurs in die gewünschte Position gebracht, die dann den Teilnehmern anhand von Röntgenbildern gezeigt wurden. Dann hat man den Operationsplan gemeinsam mit dem unterrichtenden Experten aufgestellt und die Kursteilnehmer konnten sich zur Durchführung der Operation an denselben Kadaver begeben. Mit einer externen Pumpe setzten wir das Herz in Bewegung, als ob es schlagen würde. Unser Ziel ist es, Medizinstudenten ein einzigartiges Trainingsmodell für die Arbeit am Krankenbett zu bieten, damit sie effektiver behandeln können. Dies alles wäre nicht möglich ohne die selbstlose Spende unserer Mitmenschen, die nach ihrem Tod ihren Körper der medizinischen Ausbildung und Forschung widmen. Wir kommen ihrer Bitte und damit unserer moralischen Pflicht nach, indem wir bei der Ausbildung der Ärzte von heute und morgen ein immer breiteres Spektrum an Möglichkeiten bieten“ – sagte der klinische Anatom.
Dr. Tamás Ruttkay betonte, dass der Prozess ein echtes Teamwork ist: Er erfordert die Zusammenarbeit von klinischen Experten, klinischen Anatomen, Präparatoren, Seziermeistern, der Universität und den Unternehmen, die Instrumente herstellen, vertreiben und entwickeln. Letztere sind mindestens genauso wichtig, denn es macht Sinn, wenn die Studierenden mit denselben Geräten arbeiten können, die sie auch im Operationssaal benutzen werden“, betonte er und wies darauf hin, dass die Verhandlungen mit den Unternehmen bereits begonnen haben. Für den ersten Gynäkologie-Kurs wurden die Laparoskopie-Türme vom Tieroperationssaal der Városmajor Herz- und Gefäßklinik in Herceghalom zur Verfügung gestellt. Für den Herbst seien bereits sieben Kadaverkurse zu anderen Themen angekündigt, und ein ähnlicher Gynäkologie-Kurs wie Anfang Juni sei in etwa einem Jahr wieder geplant.
„Bei der Einführung einer neuen chirurgischen Technik ist es am sinnvollsten, an Simulatoren oder Tiermodellen zu üben, anstatt in einer Live-Situation zu operieren. Die lebensechteste Umgebung bietet jedoch die Kadaver-Chirurgie. Diejenigen, die sich dadurch die notwendigen Fähigkeiten aneignen, können den Operationssaal mit viel größerer Sicherheit betreten. Für jede Art von Operation gibt es eine Lernkurve, d. h. die ersten paar Dutzend oder Hunderte von Operationen sind nicht wie die späteren, eingeübten Bewegungen: Diese Lernkurve kann durch das Training am Kadaver verkürzt und die Risiken der Operation reduziert werden“ – erklärt Dr. Nándor Ács, Direktor der Klinik für Geburtshilfe und Gynäkologie. Die Klinik ist landesweit führend bei laparoskopischen gynäkologischen Eingriffen: 80 Prozent der Hysterektomien werden hier mit einem Laparoskop durchgeführt, was für die Patientin viel weniger belastend ist als eine Bauchoperation, während der Landesdurchschnitt bei etwa 40 Prozent liegt.
Der Direktor sagte, dass der Kurs für gynäkologische Kadaverchirurgie, den er als eine sehr gute Lernmöglichkeit ansah, seine volle Unterstützung erhalten habe, und dass die Klinik die Teilnahmegebühren von den sieben Ärzten – Fachärzten und erfahrenen Assistenzärzten – finanziert habe. Die vom Institut für Anatomie entwickelte Konservierungstechnik hat zu einem unglaublich naturgetreuen Modell verholfen“ – betonte Dr. Nándor Ács und fügte hinzu, dass das für den Kurs festgelegte Hauptthema, die Vermeidung von Harnleiterverletzungen und das Erkennen der Gefahr ihres Auftretens, die Präparation des Harnleiters, nicht nur für diejenigen, die gynäkologische Eingriffe vornehmen, von besonderer Bedeutung ist. Im heutigen Umfeld des Gesundheitswesens handelt es sich jedoch um einen Ausbildungskurs mit hohen Kosten und eingeschränkter Verfügbarkeit aufgrund der geringen Anzahl der angebotenen Leichen. Dennoch ist die Tatsache, dass die Studenten ihre eigenen Kadaver präparieren und die Anatomie an Kadavern und Präparaten lernen können, was an den meisten Universitäten der Welt nicht möglich ist, besonders wertvoll für die Anatomieausbildung an der Semmelweis Universität “ – sagte Dr. Nándor Ács.
Nach Ansicht des Klinikdirektors könnte es sich auch lohnen, Schulungen zu den häufigsten Operationen und therapeutischen Eingriffen bei schweren Fällen zu veranstalten, insbesondere bei ernsteren Fällen von Krebs und Endometriose.
„Mit der Fertigstellung des interdisziplinären Kadaver-Operationssaals und der renovierten Leichenhalle im November letzten Jahres ist ein Traum in Erfüllung gegangen und ein großer Schritt nach vorn in der Aus- und Weiterbildung sowie in der Forschung gemacht worden. Wir können das Fachwissen und die Erfahrung, die im Anatomischen, Histologischen und Embryologischen Institut gesammelt wurden, nicht mehr nur an ausländischen Weiterbildungskursen anwenden. Die Kurse begannen fast unmittelbar nach der Übergabe der Einrichtung, aber dieser Kurs Anfangs Juni war der herausragendste von allen“ – sagte Dr. Alán Alpár, Direktor des Anatomischen, Histologischen und Embryologischen Instituts. Der Juni-Kurs war nicht nur wegen der Teilnehmerzahl etwas Besonderes. Das sehr günstige Teilnehmer-Dozenten-Verhältnis ermöglichte eine ständige Konsultation zwischen Teilnehmern und Dozenten, wobei die 12 Teilnehmer an vier Tischen üben konnten, und an jedem Tisch ein Experte oder Anatom saß, um das Unterrichten zu erleichtern. Als zusätzliche Besonderheit konnten die Teilnehmer dank der von den Mitarbeitern des Instituts entwickelten neuen Fixierungsmethode mit dem Endoskop unter natürlichen Bedingungen und mit weichem, warmem Gewebe am Kadaver arbeiten“ – betonte Dr. Alán Alpár.
Der interdisziplinäre OP-Bereich wird immer stärker genutzt. Vor dem Kurs für laparoskopische gynäkologische Chirurgie wurden mehrere andere spezifische Kurse durchgeführt, und für dieses Jahr sind sieben weitere Kurse geplant. „Die berufliche Aus- und Weiterbildung ist ein wesentlicher Bestandteil des Profils eines Anatomie-Instituts, und dies war eine der Prioritäten bei meiner Bewerbung um den Posten des Direktors, ebenso wie die Öffnung der Anatomieausbildung für die klinische und postgraduale medizinische Ausbildung. Ziel ist es, Studierende und Berufstätige auch nach der anatomischen Grundausbildung nicht loszulassen, Kliniker in die theoretische Ausbildung einzubeziehen und Kliniker von Theoretikern unterrichten zu lassen“ – sagte Dr. Alán Alpár, der darauf hinwies, dass die Verwirklichung dieses Ziels den Ruf der Universität erhöhen und ihre Position in internationalen Rankings verbessern wird.
Anita Szepesi
Foto: Bálint Barta – Semmelweis Universität
Übersetzung: Judit Szlovák