Mehrere ungarische und internationale Experten berichteten am 26. Juni im Semmelweis-Salon über die neuesten Errungenschaften und aktuellen Aufgaben der Weltraumforschung. Im Rahmen des HUNOR-Programms (Hungarian to Orbit) wird ein ungarischer Forschungsastronaut innerhalb von zwei Jahren zur Internationalen Raumstation fliegen und in Ungarn ausgearbeitete Versuchsreihen durchführen können. Die Semmelweis Universität hat eine aktive Rolle bei der Auswahl, der Ausbildung und der Gesundheitsüberwachung der Astronauten-Bewerbern übernommen. Dr. Béla Merkely, Rektor der Universität, fungiert als medizinischer Berater des Leitungsgremiums des Programms.

Die Semmelweis Universität beteiligt sich am Subprogramm Auswahl und Ausbildung als Gesundheits- und Forschungseinheit des ungarischen Astronautenprogramms (HUNOR) und leitet – entwickelt, koordiniert und betreibt – den medizinischen Telemetrie-Teil des Subprogramms Forschung. Die Universität entwickelt ein komplexes Telemetrie-System zur Überwachung der Gesundheitsparameter von Astronauten, das physiologische Daten über den Zustand des ungarischen Kosmonauten von der Internationalen Raumstation übermitteln wird.

In seiner Konferenzrede von letzter Woche erklärte der Rektor der Semmelweis Universität, dass die mehr als 250-jährige Geschichte, die Entwicklung und die herausragenden Leistungen der Universität garantieren, dass die Institution das höchste Niveau an medizinischem Hintergrund bieten kann, das für die Auswahl von Astronautenkandidaten und die Unterstützung ihrer Vorbereitung erforderlich ist.

„Die Arbeit unserer Fakultät für Sportmedizin und die Beteiligung der Universität an vielen sportlichen Großereignissen zeigen, dass wir über eine große Erfahrung in der Sportmedizin verfügen, sowie unsere Fakultät für Luft- und Raumfahrtmedizin bietet das spezielle Fachwissen, das in einem der neuesten Bereiche der Medizin, der Weltraummedizin, zum Einsatz kommt“ – sagte der Rektor. Stellvertreterin von Dr. Béla Merkely in der medizinischen Leitung des HUNOR-Programms ist Dr. Klaudia Vivien Nagy, Assistenzprofessorin im Városmajor Herz- und Gefäßzentrum, die eine von der Europäischen Weltraumorganisation organisierte Spezialausbildung in Weltraummedizin erhalten wird und danach als offizielle Ärztin während der gesamten Dauer der Weltraummission persönlich an der medizinischen Betreuung des ungarischen Astronauten teilnimmt.“ Astronauten müssen während ihrer Mission mit einer einzigartigen und herausfordernden Umgebung zurechtkommen. Das erfordert auch von uns hervorragende Leistungen“ – sagte der Rektor.

Arnaud Runge, Ingenieur für Medizintechnik bei der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), gab auf der Konferenz einen Einblick in die Einzelheiten der medizinischen Überwachung der Gesundheit von Astronauten. Wie er sagte, besteht die Aufgabe der ESA darin, den besten wissenschaftlichen Hintergrund und die beste klinische Versorgung für die Erforschung des Weltraums bereitzustellen und gleichzeitig die Nutzung der Weltraumtechnologie auf neue Märkte und Nutzergemeinschaften auszudehnen, um die Industrie zu fördern und Arbeitsplätze zu schaffen. Er wies darauf hin, dass Weltraummissionen durch eine Reihe medizinischer Herausforderungen wie Isolation, Kommunikationsprobleme, fehlende Evakuierungsmöglichkeiten, Ressourcenbeschränkungen, Strahlung, Unfälle, Verletzungen und unvorhergesehene Gefahren behindert werden können. Deshalb konzentriert die ESA ihre Ressourcen auf die Vorbeugung und Früherkennung, zum Beispiel durch die Entwicklung von Risikokarten und Diagnoseinstrumenten. Arnaud Runge betonte, dass das Konzept der ESA Exploration Medical Care eine doppelte Betrachtung medizinischer und wissenschaftlicher Anwendungen darstellt, mit dem Ziel, die Kommerzialisierung neuer Technologien zu fördern, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie auf den globalen Weltraummärkten zu stärken.

Peter Weiss, Präsident und Gründer von Spartan Space, berichtete den Zuhörern über analoge Standorte und Trainingsmöglichkeiten für zukünftige Weltraummissionen. Das Unternehmen bietet vor allem Zugang zu sogenannten Weltraumsimulationsanlagen, die extreme Umgebungen simulieren, wie z. B. die „Dusty“-Vakuumkammer in Luxemburg für das Training zur Erkundung der Mondoberfläche. Peter Weiss erläuterte kurz die Etappen der ARTEMIS-Mission der NASA, mit der eine nachhaltige Präsenz auf dem Mond zur Vorbereitung von Marsmissionen aufgebaut werden soll, sowie die Herausforderungen bei der Erkundung des Mond-Südpols. Die Entwicklung von Kompetenzen umfasst Tätigkeiten wie Probenahme, Analyse, Lagerung und Rückführung sowie den Einsatz verschiedener Instrumente und Infrastrukturen wie Energieerzeugungsanlagen und Strahlenschutzschilde. Der Leiter von Spartan Space hob insbesondere die Bedeutung analoger Standorte hervor, die natürlich oder künstlich sein können. Am wichtigsten ist die Fähigkeit, eine reale Situation zu imitieren, die die Simulation einer bestimmten Weltraumbedingung für ein geologisches Projekt oder den Test eines Lunarevakuierungssystems ermöglicht. Peter Weiss sagte: Es gibt auch vielfältige und vielversprechende analoge Standorte in Ungarn, deren Katalogisierung und die spezifische standortspezifische Verfeinerung der Art des Trainings während der Astronautenausbildung im Rahmen eines von der Semmelweis Universität geleiteten und von der Europäischen Weltraumorganisation finanzierten Projekts durchgeführt wird.

Die inspirierende Art der Weltraumforschung ist für viele junge Menschen attraktiv, und in diesem Jahr werden drei PhD-Studenten ihre Forschung in diesem Bereich beginnen, sagte Dr. Péter Ferdinandy, Vizerektor für Wissenschaft und Innovation der Universität, und betonte, dass die im Weltraum durchgeführte Forschung auch im Leben auf der Erde genutzt werden kann.

Die Beteiligung der Universität an Weltraumprojekten hat eine rasche und gezielte Entwicklung des Ökosystems ermöglicht, d. h. in den letzten zwei Jahren wurde ein Netz von Partnerunternehmen, Forschungsinstituten, Raumfahrtbehörden und Finanzierungseinrichtungen aufgebaut“ – sagte Dr. Renáta Papp, Direktorin für Business Development beim KFI.

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Nach einer Vorauswahl von den mehr als 240 Bewerbern wählte die Semmelweis Universität im Sommer 2022 aus einem Zwischenpool von 25 Kandidaten die acht besten Astronauten aus, wofür die Einrichtung ein Protokoll entwickelte, das die Richtlinien der ESA und der NASA berücksichtigt. Im Rahmen dieses Protokolls wurden in den Kliniken der Universität spezielle Untersuchungen durchgeführt, u. a. in den Bereichen Augenheilkunde, Zahnmedizin, HNO, Kardiologie, Psychologie-Psychiatrie und Gastroenterologie. Die Mikrogravitationsumgebung stellt auch für den gesunden Körper eine Herausforderung dar, da sich die Fluidbereiche im Weltall neu anordnen, was beispielsweise zu geschwollenen Gesichtern, Veränderungen des Gleichgewichtssystems, der Darm- und Immunfunktionen sowie zum Abbau von Knochen- und Muskelgewebe führt. Auf der Grundlage der an der Semmelweis Universität durchgeführten medizinischen Tests erhielten die Astronaut-Kandidaten, die die Anforderungen erfüllten, das Prädikat „ESA Medical Committee Pass“.

In der dritten Phase des Auswahlverfahrens führten die Psychiater und Psychologen der Universität eine detaillierte psychologische Analyse durch, bewerteten die technischen und wissenschaftlichen Fähigkeiten der Kandidaten und schulten die Kandidaten in Telemedizin und Herz-Lungen-Wiederbelebung in dem Városmajor Herz- und Gefäßzentrum. Am Ende blieben vier Astronauten-Kandidaten im Rennen; die Semmelweis Universität spielte eine aktive Rolle bei der Bewertung ihrer Ergebnisse sowie bei der Erstellung der endgültigen Rangliste und begann dieses Jahr mit der Ausbildung der ausgewählten Kandidaten nach internationalen Standards.

Derzeit absolvieren die vier Astronautenkandidaten – Gyula Cserényi, Tibor Kapu, Dr. Ádám Schlégl und András Szakály – ein kardiovaskuläres Training zur Verbesserung der Ausdauer, Muskelkraft und neuromuskulären Koordination. Dabei machen sie ein spezifisches körperliches Training mit einer individuell abgestimmten Diät. Darüber hinaus werden sie regelmäßigen Gesundheitsuntersuchungen, physischen, biomechanischen und psychologischen Tests unterzogen und erhalten kontinuierliche psychologische Unterstützung und Kompetenzentwicklung.

 

Direktorat für Kommunikation
Foto: Bálint Barta – Semmelweis Universität
Übersetzung: Judit Szlovák