Nicht nur die Patienten, sondern auch die Wissenschaft profitiert von dem pädiatrischen Onkogenomik-Programm, einer Zusammenarbeit zwischen der Semmelweis Universität und dem Ungarischen Netzwerk für Pädiatrische Onkologie, das nun vollständig von der NEAK (Nationale Kasse für Gesundheitsversicherung in Ungarn) finanziert wird. Ein Viertel der bisher getesteten pädiatrischen Onkologie-Patienten hat aufgrund der neuen Ergebnisse eine gezielte Therapie erhalten, und die gewonnenen Daten können sogar in internationalen klinischen Studien verwendet werden. Das ungarische Programm zur Erstellung von Molekularprofilen in der pädiatrischen Onkologie wird zusammen mit einer Reihe anderer klinisch relevanter Studien das auf genomischer und transkriptomischer Sequenzierung basierende Diagnoseportfolio des Labors für Molekulare Diagnostik des Instituts für Pathologie und Experimentelle Krebsforschung ständig erweitert.
Schon seit langem haben Kliniker Bedarf an Daten von besseren und gründlicheren histologischen und molekularen Untersuchungen, um onkologische Therapieentscheidungen zu treffen, Risiken abzuschätzen und, wenn die Voraussetzungen gegeben sind, eine personalisierte, gezielte Therapie einzuleiten. Dies war das grundlegende Ziel des Entwicklungsprogramms des Labors für Molekulardiagnostik des Instituts für Pathologie und experimentelle Krebsforschung der Semmelweis Universität. Dieses Programm wurde zum Teil von der Béres-Stiftung und zum Teil vom Ungarischen Netzwerk für Pädiatrische Onkologie unterstützt und durch verschiedene eigene Zuschüsse gefördert, einschließlich der Ausrüstung, die im Rahmen des Ungarischen Programms für Onkogenom und personalisierte Diagnostik und Therapie (NVKP 16), einer vom Institut geleiteten nationalen Ausschreibung für Wettbewerbsfähigkeit und Exzellenz, erworben wurde, und der Inbetriebnahme mehrerer NGS-Sequenzierer (Next Generation Sequencing). Infolgedessen führt die Universität in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk für pädiatrische Onkologie nun auf nationaler Ebene die Erstellung von Onkogenom-Profilen von Kindern mit Leukämie und verschiedenen anderen Krebsarten durch. Die genetische Profilerstellung bei pädiatrischer Leukämie war von Anfang an ein landesweites Programm in Ungarn und wird nach wie vor gemeinsam von dem Netzwerk und der Universität finanziert.
Die ersten molekularen Tests des Programms wurden 2019 unter der Leitung von Dr. Donát Alpár durchgeführt, zunächst mit Unterstützung von Stiftungen und Netzwerken, dann mit Finanzierungsbeschlüssen des Managements der Nationalen Krankenkasse aufgrund individueller Fairness. Seit Januar 2022 ist das genetische Profilerstellung mit NGS (Next Generation Sequencing) für alle Kinder mit Leukämie mit voller staatlicher Unterstützung verfügbar – sagte Dr. Csaba Bödör, Professor und Leiter der Abteilung Molekulare Diagnostik des Instituts für Pathologie und Experimentelle Krebsforschung. Er sagte, dass das Programm gemeinsam mit klinischen Kollegen initiiert wurde. Es handelt sich um ein zentralisiertes molekulares Testprogramm: Proben aller leukämiekranken Kinder des Landes werden von den pädiatrischen Onkologie-Zentren an die Semmelweis Universität gesandt, wo die Ergebnisse anhand von jährlich aktualisierten, selbst entwickelten Genpanels analysiert werden.
Das ungarische genomische Profilierungsprogramm für die pädiatrische Onkologie ist umfangreicher, da es nicht nur bei hämatologischen Erkrankungen, sondern auch bei anderen soliden Tumoren durch die Untersuchung von 500 Genen eine umfassende genomische Profilierung ermöglicht. Dies wird von Onkologen in erster Linie angefordert, um therapeutische Entscheidungen zu treffen und gezielte Therapien einzuleiten. In einigen Fällen werden diese Tests auch in Zusammenarbeit mit Pathologen zur Klärung von Diagnosen durchgeführt. Das Molekularlabor arbeitet sehr eng mit der Klinik für Pädiatrie der Semmelweis Universität und anderen klinischen Zentren des Ungarischen Netzwerks für Pädiatrische Onkologie zusammen. In den letzten Jahren konnte man in mehreren Fällen als Erste die Auswirkungen einer genetischen Veränderung bei bestimmten Tumorarten im Kindesalter beschreiben, und diese Patienten haben auf die gezielte Therapie positiv reagiert. Bislang wurde bei etwa 150 Kindern eine umfassende genomische Profilerstellung gemacht.
Insgesamt erhalten 25 Prozent unserer Patienten bei Tumoren im Kindesalter nach NGS-Untersuchungen eine Art von gezielter Therapie“ – sagt Dr. Csaba Bödör.
Jedes Jahr werden in Ungarn etwa 60-70 Kinder mit akuter lymphoider Leukämie diagnostiziert. Auf Wunsch des behandelnden Arztes kann ein Test auf etwa 102 Gene durchgeführt werden, der bei Vorliegen bestimmter Genvarianten oder -anomalien dazu beitragen kann, eine Heilung mit einer personalisierten Therapie zu erzielen. Die akute myeloische Leukämie ist weniger häufig (5-8 Patienten pro Jahr) und wird durch Tests auf Anomalien in 59 Genen diagnostiziert. Eine dritte Art von Test, das genomische Screening von Kindern mit Leukämie, beinhaltet transkriptomische Tests und umfasst heute die Untersuchung von Blutproben auf etwa 1385 Gene, einschließlich des Vorhandenseins von Genfusionen. Für diesen Test ist eine Entscheidung des Nationalen Molekularen Onkoteams erforderlich. Die Qualität der Analysen, die im Rahmen des Programms und der Zusammenarbeit durchgeführt werden, entspricht der internationalen Norm“ – erklärte Dr. Csaba Bödör.
Kleinere Studien mit Panels von weniger als 300 Genen können von den Universitätszentren finanziert werden, während NGS-Studien, die mögliche Anomalien in mehr als 300 Genen entdecken können, auf der Grundlage von Einzelanträgen an die NEAK finanziert werden, basierend auf Empfehlung des Nationalen Molekularen Onkoteams. Drei Einrichtungen in Ungarn können solche Tests auf Anfrage des behandelnden Arztes durchführen: die Semmelweis Universität, die Universität von Pécs und das Nationale Institut für Onkologie. Bei Kindern genehmigt die NEAK und finanziert einmal in der Regel auch größere Gentests, wenn die Erstellung eines genetischen Profils bei einer Tumorerkrankung klinisch gerechtfertigt ist – es gibt ja einige Krankheiten, bei denen keine Tests auf 500 Gene erforderlich sind. Da reichen weniger Tests aus, um den notwendigen Therapieverlauf gemäß den internationalen Empfehlungen für eine umfassende genetische Profilierung zu bestimmen.
Die Fünfjahresüberlebensrate bei lymphatischen Leukämien liegt bei 85 Prozent, bei myeloischen Leukämien ist sie etwas schlechter. Seit den 1970er Jahren hat sich die Fünf-Jahres-Überlebensrate von Leukämiepatienten um durchschnittlich 65 Prozent verbessert, wozu neben den diagnostischen und therapeutischen Fortschritten auch die Arbeit des pädiatrischen Onkologie-Netzes einen wesentlichen Beitrag geleistet hat“ – sagte Dr. Csaba Bödör. Die Mehrheit der Patienten reagiert gut auf Standardbehandlungsprotokolle, aber für diejenigen, bei denen dies nicht der Fall ist, sind dringend neue therapeutische Ziele und Strategien nötig. Gerade bei diesen Hochrisikopatienten sind onkogenomische Tests von besonderer Bedeutung.
Bei dem Verfahren wird die aktuelle Blut- und Knochenmarksprobe eines Patienten an die Universität geschickt, wo Nukleinsäure isoliert und DNA und RNA mit Hilfe der NSG-Sequenzierung analysiert werden, um wichtige genetische Anomalien, Punktmutationen und Genfusionen zu identifizieren. Die Ergebnisse der Sequenzierungs- oder Genfusionsanalyse, an der Molekularbiologen, Molekularpathologen, klinische Genetiker und PhD-Studenten beteiligt sind, sind in der Regel innerhalb von drei Wochen abgeschlossen, wonach auch mit Klinikern konsultiert wird. Die Profilerstellung führt zur Identifizierung prognostischer und prädiktiver Biomarker, die dem Kliniker helfen zu beurteilen, wie sich molekulare Anomalien auf die Behandlungsstrategie auswirken und ob der Patient eine gezielte Therapie erhalten sollte, und wenn ja, was für eine Therapie.
Seit dem Start wurden die molekularen Profile von fast 260 Leukämiepatienten erstellt, die Proben wurden in die Biobank aufgenommen, und dank dieser können diese Kinder in internationale klinische Untersuchungen einbezogen werden. Das bedeutet, dass das Programm auch einen riesigen Datenschatz darstellt“ – betonte Dr. Csaba Bödör.
Dies ist bereits eine Datenmenge, zu deren angemessener Auswertung der tägliche Einsatz von entscheidungsunterstützender Software und künstlicher Intelligenz erforderlich ist. In jedem Fall erstellt das Forschungsteam eine eigene aktuelle, strukturierte und für Patienten durchsuchbare Datenbank mit den Ergebnissen seiner onkogenomischen und anderen NGS-Studien, die für künftige Forschungen genutzt werden soll. Das NGS-Labor untersucht mehr als 3.000 Proben pro Jahr, darunter Anfragen aus der Onkohämatologie, den soliden Tumoren und der Kardiogenetik von mindestens 20 externen Kliniken, von denen einige zum Onkohämatologie-Netzwerk gehören. Zusätzlich zu den NGS-Studien wurden bis 2022 weitere 17.000 molekularbiologische Untersuchungen durchgeführt. In den letzten Jahren haben sich die Aktivitäten des Labors stetig ausgeweitet, und wir stoßen langsam an unsere Grenzen, indem wir auf neue klinische Bedürfnisse reagieren“ – erklärte Dr. Csaba Bödör.
So wurden kürzlich zwei D1-Berichte über die Ergebnisse der Forschung mit pädiatrischen Leukämiedaten veröffentlicht. Der eine Bericht – geschrieben von Dr. Szilvia Krizsán und ihre Kollegen erschien im Journal of Molecular Diagnostics. Hier wurde das genetische Profil und die Überlebensparameter von 75 Kindern, bei denen zwischen 2003 und 2021 akute myeloische Leukämie diagnostiziert wurde, analysiert. In der anderen Publikation ist zu lesen, dass die Mitglieder des Forschungsteams unter der Leitung von Dr. Donát Alpár, Senior Research Fellow am Institut, und unter Mitwirkung des PhD-Studenten Dr. Gábor Bedics und des Assistenzarztes Dr. Bálint Egyed eine neue Methode zur Risikobewertung für akute lymphoide Leukämie entwickelt haben, die auf nationalen Daten basiert und mit internationalen Daten validiert wurde und im British Journal of Cancer veröffentlicht wurde“ – sagte Dr. Csaba Bödör. Dr. Borbála Péterffy, PhD-Studentin, spielt ebenfalls seit mehreren Jahren eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung der oben genannten Programme.
Neben der Identifizierung therapeutisch wichtiger genetischer Anomalien bei einer zunehmenden Zahl neuer Tumorarten besteht ein weiterer wichtiger Schwerpunkt der pädiatrischen Onkologie-Forschung darin, über die herkömmliche, auf Gewebeproben basierende Diagnostik hinauszugehen und zellfreie DNA-Moleküle zu untersuchen, die aus Flüssigbiopsie-Proben stammen und von Tumorzellen im peripheren Blut ausgeschieden sind. Obwohl einige Tests bereits durchgeführt werden können, wäre das Endziel, vollständige genetische Profile zu erstellen, die zu therapeutischen Zwecken genutzt werden könnten. Einige Tests werden bereits anhand von Flüssigbiopsien, die während der Behandlung von Universitätspatienten entnommen werden, durchgeführt, nicht nur im Bereich der Onkologie, sondern auch der Herztransplantationen. Dies ist ein sich rasch entwickelnder, spannender neuer Bereich der Forschung und Therapie“ – fügte Dr. Csaba Bödör hinzu.
Melinda Katalin Kiss
Foto: Attila Kovács – Semmelweis Universität
Übersetzung: Judit Szlovák