Laut einer neuen Studie der Semmelweis Universität und der Universität Óbuda reichen eineinhalb Milliliter Desinfektionsmittel nicht aus, um die gesamte Oberfläche der Hände zu bedecken. Dabei spielt es eine Rolle auch, ob man eine Flüssigkeit oder ein Gel verwendet, und die Größe der Hände zählt ebenso. Jedes Jahr sterben weltweit Hunderttausende von Menschen an Krankenhausinfektionen, und ungarische Experten arbeiten mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zusammen, um diese mit Hilfe von Technologien der künstlichen Intelligenz einzudämmen.

Beim Desinfizieren der Hände werden die Fingerspitzen und der Handrücken am häufigsten vernachlässigt – sagen die Experten der Semmelweis Universität und der Universität Óbuda. Ihre gemeinsame Forschungsarbeit wurde kürzlich in der Fachzeitschrift Antimicrobial Resistance & Infection Control veröffentlicht.

An der Untersuchung nahmen 340 Medizinstudenten teil, die nach dem Zufallsprinzip 1,5 oder 3 ml alkoholisches Händedesinfektionsmittels mit der gleichen Zusammensetzung wie im Handel erhältlich, erhielten. Im Rahmen der Studie mussten sie dieses zweimal verwenden – einmal als Flüssigkeit und zwei Wochen später als Gel mit unsichtbaren fluoreszierenden Partikeln. Die Wirksamkeit der Händedesinfektionsmittel wurde dann mit einem vollautomatischen digitalen Scanner (Semmelweis System by HandInScan) analysiert, der an der Universität Óbuda entwickelt wurde.

„Eineinhalb Milliliter Händedesinfektionsmittel reichten nicht aus, um den Handrücken vollständig zu bedecken. Das Gel desinfizierte durchschnittlich 7 % der Hand und das flüssige Mittel ließ 5,8 % unbedeckt. Das sind erhebliche Mängel in der Handhygiene im Krankenhaus“ – sagt Dr. Konstantinos Voniatis, Assistenzarzt in der Klinik für Chirurgie, Transplantation und Gastroenterologie der Semmelweis Universität und Erstautor der Studie.

Im Gegensatz dazu funktionierte das 3-ml-Volumen bei beiden Arten von Handdesinfektionsmitteln gut, wobei die Menge der unbedeckten Fläche unter 1,5 % blieb. Am häufigsten wurden die Fingerspitzen und der Rücken der dominanten Hand bei der Desinfektion ausgelassen. Auch die Teilnehmer schätzten die für eine wirksame Händedesinfektion erforderliche Menge in der Regel falsch ein, wenn sie danach gefragt wurden.

„In den aktuellen WHO-Leitlinien heißt es, man solle ein handtellergroßes Handdesinfektionsmittel verwenden und es 20-30 Sekunden lang einreiben. Die Empfehlung ist stellenweise nicht detailliert genug und es fehlt an unterstützender Forschung und Evidenz. Die Händehygiene stand während der Coronavirus-Epidemie im Mittelpunkt des Interesses, und unsere Forschung, deren Ergebnisse für jedermann zu berücksichtigen sind, zeigt, dass diese Standards aktualisiert werden müssen. Dies wird bereits auf internationaler Ebene diskutiert“ – erklärt Dr. Tamás Haidegger, Generaldirektor des Zentrums für Forschung und Innovation der Universität Óbuda und Mitglied der WHO-Arbeitsgruppe für Patientensicherheit (POPS).

Die WHO empfiehlt, ein Handdesinfektionsgel mit mindestens 70 % Alkohol oder ein flüssiges Handdesinfektionsmittel mit 80 % Ethanol oder 75 % Isopropyl zu verwenden und es 20-30 Sekunden lang einzureiben.

Laut den Forschern gibt es noch weitere Aspekte zu berücksichtigen. So ließ sich flüssiges Händedesinfektionsmittel in kleineren Mengen besser verteilen, aber bei größeren Mengen wurde viel mehr verschwendet als bei Gel.

 

„Die Größe der Hand ist entscheidend für die Wahl der richtigen Menge. Wir haben festgestellt, dass 1,5 ml für eine durchschnittliche Handgröße nicht ausreichen, auch nicht für kleinere Hände. 3 ml Handdesinfektionsmittel sind wirksamer, aber für eine größere Hand ist dies möglicherweise nicht ausreichend, während es für eine kleinere Hand zu viel sein kann. Außerdem betrug die durchschnittliche Einreibedauer bei dieser Menge 40-42 Sekunden, was für die tägliche klinische Praxis zu lang ist. Bei 1,5 ml sind es nur 30-32 Sekunden, aber das ist sogar mehr als die von der WHO empfohlene Zeit“, erklärt Dr. Voniatis Konstantinos.

Nach Angaben der WHO erkranken in der Akutversorgung in den wirtschaftlich am weitesten entwickelten Ländern sieben von 100 Patienten an einer im Krankenhaus erworbenen Infektion, während es in weniger oder mäßig entwickelten Ländern bis zu 15 sein können.

„Statistiken zeigen, dass etwa 40 % der im Krankenhaus erlittenen Infektionen durch direkten Kontakt, d. h. durch unzureichende Handhygiene verursacht werden und etwa 10 % tödlich verlaufen.

Hunderttausende von Patienten weltweit verlieren jedes Jahr ihr Leben, die mit detaillierten und evidenzbasierten Vorschriften durchaus verhindert werden könnten.“

– fügt Dr. Tamás Haidegger hinzu.

Die beiden Forscher sind auch Mitglieder der ISO-Arbeitsgruppe (International Organization for Standardization) für Händehygienestandards, deren Hauptaufgabe darin besteht, einheitliche Standards für die Händedesinfektion in Gesundheitseinrichtungen zu entwickeln. Ihre Arbeit wird es der internationalen Arbeitsgruppe ermöglichen, noch in diesem Jahr die weltweit erste Norm für Händehygiene, ISO 23447, zu veröffentlichen. Laut Dr. Konstantinos Voniatis, Leiter der ISO-Arbeitsgruppe, kann die neue Norm die Einrichtung moderner Händehygieneprogramme in Krankenhäusern unterstützen, wobei nicht nur theoretische, sondern auch praktische Aspekte berücksichtigt werden.

Das Semmelweis Hand Hygiene System ist ein preisgekrönter, auf künstlicher Intelligenz basierender Handscanner von HandInScan und der Universität von Óbuda, der dem Benutzer ein personalisiertes Feedback über die Wirksamkeit der Händedesinfektion gibt. Die Technologie ist nach Ignác Semmelweis benannt, dem Arzt aus dem 19. Jahrhundert, der die Bedeutung der Händehygiene erkannte. Die Semmelweis-Universität verfügt über 12 dieser Geräte in ihren Kliniken, wo sie zur regelmäßigen Überwachung und Schulung der korrekten Händedesinfektion eingesetzt werden. Die Geräte werden inzwischen in mehr als 100 Gesundheitseinrichtungen in 25 Ländern auf der ganzen Welt zur Verbesserung der Händehygiene eingesetzt.

 

Foto: Bálint Barta, Attila Kovács – Semmelweis Universität; Tamás Haidegger – Universität Óbuda
Übersetzung: Judit Szlovák