Die zweitägige Veranstaltung, die von der Klinik für Chirurgie, Transplantation und Gastroenterologie organisiert und von der Fa. Johnson & Johnson unterstützt wurde, hatte zum Ziel, auf Darmkrebs und die Bedeutung von Prävention und Vorsorge aufmerksam zu machen. Am 3. März fand die Veranstaltung im Zentrum für Vorklinik (EOK) statt, und am 4. März wurde ein Präventionstag im Einkaufszentrum Allee veranstaltet.
Die Veranstaltung in EOK wurde vom Dr. Attila Szijártó, Direktor der Klinik für Chirurgie, Transplantation und Gastroenterologie eröffnet. In seiner Begrüßungsrede wies der Direktor darauf hin, dass der Monat der Darmkrebsvorsorge – Colorectal Cancer Awareness Month – in den letzten Jahren immer im März – begangen wurde. In Ungarn war die Initiative bisher nicht sehr verbreitet, aber das Ziel der Veranstaltung der Semmelweis Universität ist es, auf die Krankheit aufmerksam zu machen und auf die Bedeutung von Prävention und Screening hinzuweisen. „In Ungarn liegt die altersstandardisierte Inzidenz von Darmkrebs bei 42 pro 100.000 Menschen“ – sagte er und fügte hinzu, dass Darmkrebs in Ungarn die zweithäufigste Krebserkrankung bei Männern und die dritthäufigste bei Frauen ist. Die Krankheit ist jedoch behandelbar und heilbar: Internationale Statistiken zeigen, dass die 5-Jahres-Überlebensrate eines Patienten mit Darmkrebs bis zu 60 Prozent betragen kann, aber auch die 10- und 20-Jahres-Überlebensrate liegt bei etwa 50 Prozent“, so der Direktor. Dr. Attila Szijártó betonte, dass die Vorträge auf den Kolorektaltagen das gesamte Spektrum der Krankheit, der Behandlung und der Vorbeugung abdecken werden, von der Genetik bis zu den neuesten, auch robotergestützten, chirurgischen Verfahren der Gastroenterologie. „Die Klinik für Chirurgie, Transplantation und Gastroenterologie hat sich auch eine Mission gestellt: Wir wollen die komplexe gastroenterologische Versorgung, die in der Chirurgie bereits teilweise etabliert ist, möglichst vielen Patienten zugänglich machen“ – sagte er. Er sprach über das Engagement der Klinik für kolorektale Patienten und hob die Ausbildung von Stomaschwestern und die Bedeutung der Prävention hervor. Außerdem lobte er die Fa. Johnson & Johnson für ihre Unterstützung bei der Organisation der Veranstaltung.
Danach hielt Dr. Pál Miheller, Associate Professor und Abteilungsleiter der Klinik für Chirurgie, Transplantation und Gastroenterologie einen Vortrag über die Bedeutung der Darmkrebsvorsorge. Er wies darauf hin, dass die Zahl der Neuerkrankungen an Darmkrebs im Jahre 2020 weltweit bei fast 1,95 Millionen liegen wird, und dass diese Zahl bis 2040 voraussichtlich auf über 3 Millionen ansteigt. Zwischen 2007 und 2014 starben in Ungarn rund 80.000 Menschen an Krebs, wobei Inzidenz des kolorektalen Karzinoms jährlich um fast 10.000 zunimmt. In seiner Rede über die Bedeutung von Vorsorgeuntersuchungen betonte Dr. Pál Miheller, dass die Sequenz von Adenokarzinomen bei der konventionellen Variante 10 Jahre beträgt, während Entzündungen die Tumorentwicklung schneller vorantreiben und die Vererbung bei familiärer Häufung ein wichtiger Faktor ist. Die wichtigsten Präventionsmöglichkeiten sind die Verringerung der Risikofaktoren (z. B. Bewegungsmangel, Übergewicht, Rauchen, Alkohol) und die Vorsorgeuntersuchungen. „Im Alter von 50 Jahren haben 30 % der Durchschnittsbevölkerung Polypen“ – sagte er und fügte hinzu, dass in der Europäischen Union Menschen im Alter zwischen 50 und 75 Jahren bei durchschnittlichem Risiko gescreent werden. Nach den Amsterdamer-Kriterien gilt jedoch ein erhöhtes Risiko für Patienten, die in zwei aufeinander folgenden Generationen drei Verwandte haben, die an Darmkrebs oder anderen Krebsarten erkrankt sind und von denen einer unter 50 Jahre alt war.
Der Associate Professor stellte die angewandten Richtlinien und Strategien der klinischen Voruntersuchungen, sowie die onkogenetische Arbeitsgruppe der Klinik auch vor. „Die alle zwei Jahre durchgeführten FOBT-Stuhltests verringern die Mortalität um 9-22 Prozent und reduzieren auch die Inzidenz erheblich. Wenn der Test jährlich durchgeführt wird, steigt diese Zahl auf über 30 Prozent“, betonte er. Dr. Pál Miheller stellte die Ergebnisse der NordIIC-Studie (Nordic-European Initiative on Colorectal Cancer) vor, in der untersucht wurde, ob eine ungeplante Koloskopie oder ein geplantes Screening zu besseren Ergebnissen führt. Die Ergebnisse zeigten, dass weder das Darmkrebsrisiko noch die Sterblichkeitsrate davon abhängt, ob jemand an einem geplanten Screening-Programm teilnimmt oder sich einfach untersuchen lässt. Laut der nationalen Vorsorgestrategie sollen sich Menschen im Alter von 50 bis 75 Jahren einem iFOBT-Test auf Blut im Stuhl unterziehen und bei positiven Befunden werden sie zur Koloskopie geschickt. Dr. Pál Miheller stellte die Ergebnisse des ungarischen Screening-Programms vor und fasste abschließend zusammen, dass von den zahlreichen Strategien der Stuhltest und die Endoskopie die nützlichsten zu sein scheinen, da ihre korrekte Anwendung das Leben vieler Menschen retten könnte.
Dr. Bálint Fekete, Facharzt für Medizinische Genetik an der Klinik für Chirurgie, Transplantation und Gastroenterologie, hielt einen Vortrag mit dem Titel „Genetik des kolorektalen Karzinoms: erworbene und erbliche Faktoren“. Darin sprach er über die Bedeutung von Gentests, darunter die Keimzellen- und Gewebemutation; die Genetik des sporadischen kolorektalen Tumors und den so genannten polygenen Risiko-Score, d.h. die Vorhersage des Tumorrisikos in nicht monogenen Fällen. Unter den Umwelteinflüssen, die vermutet oder häufig untersucht werden, hob er Rauchen, Alkohol, verarbeitete Lebensmittel und rotes Fleisch sowie bestimmte Zusatzstoffe und bioaktive Verbindungen hervor – diese können nicht nur direkte Mutationen verursachen, sondern auch die Expression des genetischen Materials beeinflussen. Dr. Bálint Fekete sprach über die Rolle der Epigenetik, die RNA-basierte Biomarker und den Verdacht auf ein Tumorsyndrom. Die wichtigsten Merkmale des letzteren sind eine positive Familienanamnese, ein ungewöhnlich frühes Auftreten, das Vorhandensein mehrerer Primärtumore zusammen oder nacheinander, bestimmte mit dem Tumor assoziierte Tumorkombinationen und die Mikrosatelliteninstabilität, die auch ein Anzeichen für das Lynch-Syndrom sein kann.
„Wenn man den Verdacht hat, dass es um ein erbliches Krebssyndrom gehen könnte, ist eine genetische Beratung sehr zu empfehlen!“ – warnte er. Dr. Bálint Fekete beschrieb die Art des Gendefekts, der bei der Tumorentstehung eine Rolle spielt: Das Erbgut paart sich bei der Teilung nicht richtig, so dass eine Schleife entsteht – diese genetische Fehlpaarung versucht man durch das sogenannte Mismatch Repair zu beseitigen. Gelingt dies nicht, dann verbleibt eine Mutation, die sich zu replizieren beginnt und die Tumorbildung auslöst. Der Genetiker beschrieb auch das Syndrom der Familiären Adenomatöse Polyposis (FAP) sowie die Testmethode und den genetischen Analyseprozess auf der Grundlage der NGS-Technologie (Next Generation Sequencing – Technologie zur Hochdurchsatz-Analyse von DNA). Er hob den potenziellen Nutzen der genetischen Ergebnisse im Hinblick auf eine genaue Diagnose und Prognose, krankheitsspezifische Präventionspläne und Familienscreening hervor.
Daraufhin hielt Dr. Katalin Müllner, Associate Professor, stellvertretende Leiterin der Abteilung für Chirurgie, Transplantation und Gastroenterologie, einen Vortrag über kolorektale Screening-Techniken, und Dr. Gergely Kiss, Leiter der CT-Abteilung des Lehrstuhls für Radiologie, sprach über die bildgebende Diagnostik von Dickdarm- und Mastdarm-Polypen und frühen Krebserkrankungen. Das Nachmittagsprogramm begann mit einem Vortrag von Dr. András Kiss, Leiter des Instituts für Pathologie, Rechts- und Versicherungsmedizin, mit dem Titel „Pathologie und Histopathologie von kolorektalen Polypen und Frühkarzinomen“. Dr. István Hritz, Associate Professor, Leiter der Abteilung für invasive Endoskopie der Klinik für Chirurgie, Transplantation und Gastroenterologie, referierte über die Möglichkeiten der interventionellen Gastroenterologie bei der Behandlung kolorektaler Polypen, während Dr. Balázs Bánky, Associate Professor der Klinik über die chirurgische Behandlung kolorektaler Polypen und transanale Techniken sowie die minimal-invasive chirurgische Behandlung von kolorektalen Polypen und Karzinomen sprach. Dr. Gyöngyvér Szentmártoni, Assistenzprofessorin an der Abteilung für Onkologie der Klinik für Innere Medizin und Onkologie, hielt einen Vortrag über die moderne onkologische Behandlung von bösartigen Tumoren des Dick- und Mastdarms.
Die Veranstaltung ging am 4. März im Einkaufszentrum Allee in Budapest weiter. Im Rahmen des Präventionstages erhielten die Besucher Informationen über die Bedeutung von Vorsorgeuntersuchungen und die Prävention von Krankheiten, und Gastroenterologen und Chirurgen beantworteten unverbindlich Fragen. Außerdem wurde dort ein aufblasbarer Darmtunnel ausgestellt, um das Wissen über kolorektale Erkrankungen zu erweitern.
Ádám Szabó
Foto: Attila Kovács – Semmelweis Universität
Übersetzung: Judit Szlovák