Um die Endometriose schneller zu diagnostizieren, wirksamer zu behandeln und Fruchtbarkeitsstörungen infolge der Krankheit vorzubeugen, hat die Europäische Gesellschaft für menschliche Reproduktion und Embryologie (ESHRE) kürzlich ihre fachlichen Empfehlungen auf diesem Gebiet erneuert. Bei der Gestaltung der aus 109 Punkten bestehenden Leitlinie spielte als einziger ungarischer Teilnehmer – Dr. Attila Bokor, außerordentlicher Professor der Klinik für Geburtshilfe und Frauenheilkunde eine wichtige Rolle.

Heute leiden etwa 200 Tausend Frauen an Endometriose in Ungarn. Laut einer früheren Studie, an der acht europäische und zwei US-amerikanische Endometriosezentren, darunter die Klinik für Geburtshilfe und Gynäkologie der Semmelweis Universität, beteiligt waren, dauert es in den USA durchschnittlich neun Jahre, in Deutschland und im Vereinigten Königreich sieben Jahre bzw. in Ungarn 3,9 Jahre – bis die Krankheit diagnostiziert wird. “Eines der Ziele der neuen fachlichen Empfehlungen ist es, diese Zeit zu verkürzen“ – betonte Dr. Attila Bokor, außerordentlicher Professor der Klinik für Geburtshilfe und Gynäkologie der Semmelweis Universität und Mitglied des Expertenteams, das die neuen europäischen Empfehlungen erarbeitet hat.

Einer der wichtigsten Punkte der neuen „Guideline“, die Anfang Februar von der Europäischen Gesellschaft für menschliche Reproduktion und Embryologie (ESHRE) veröffentlicht wurde, lautet: obwohl die Endometriose bisher nur durch einen chirurgischen Eingriff diagnostiziert werden konnte, ist durch die rasche Entwicklung der Ultraschalldiagnostik möglich geworden, dass der moderne Vaginalultraschall in bestimmten Fällen zuverlässige Ergebnisse für die klinische Diagnose liefert. Zu einer endgültigen Diagnose ist aber der laparoskopische Eingriff weiterhin nötig – betonte Dr. Attila Bokor. Eine neu entwickelte Medikamentengruppe kann zur Verbesserung der Lebensqualität der Patienten wesentlich beitragen: die GnRH-Antagonisten sind seit kurzem für die Behandlung der Endometriose zugelassen, und haben bisher ermutigende Ergebnisse gezeigt.

Die Endometriose ist häufig die Ursache für Unfruchtbarkeit. Aus diesem Grund steht in der neuen Empfehlung: bei den Frauen, bei denen die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft nach der Operation geringer ist, sollte das Einfrieren von Eizellen- und Eierstockgewebe vor dem Eingriff möglich sein.

Aktuell ist dies in Ungarn nur für Tumorpatienten der Klinik für Geburtshilfe und Gynäkologie möglich. Hier wird aber daran gearbeitet, diese Möglichkeit für Patientinnen mit Endometriose in fachlich begründeten Fällen ebenso anzubieten.  

In der Empfehlung wurde ein neues Kapitel über die Endometriose bei Frauen in den Wechseljahren geschrieben, da die Theorie, dass die Krankheit nach der Menopause nicht mehr auftreten kann, widerlegt wurde. In der Empfehlung geht es unter anderem um die von Endometriose betroffene heranwachsenden Mädchen auch. In diesem Bereich erhoffen sich die Experten eine Lösung durch die Einführung neuer medikamentöser Behandlungsmöglichkeiten.

Dr. Attila Bokor betonte: Mit der Leitlinie wird ein europaweiter Bezugspunkt für die Diagnose und Behandlung der Endometriose geschaffen, aber ihre Einführung ist nicht verbindlich, da jeder Mitgliedstaat selbst die Entscheidung trifft, ob er sie ganz oder teilweise übernimmt und umsetzt. Die ungarische Leitlinie arbeitet gerade Dr. Attila Bokor aus, der damit von der ungarischen Ärzteschaft beauftragt wurde.

Die erste Guideline im Thema Endometriose wurde 2008, die zweite im Jahre 2014 von der ESHRE zusammengestellt. Zur Gestaltung der neuen Empfehlung nahmen die Experte 3 Jahre an etwa 100 fachlichen Gesprächen teil, und lasen 4000 wissenschaftliche Publikationen durch. Ungarn war in der Gruppe, die die Empfehlungen ausarbeitete, von Dr. Attila Bokor vertreten.

Orsolya Dávid, Pálma Dobozi
Foto: Attila Kovács – Semmelweis Universität
Featured Image: envatoelements
Übersetzung: Judit Szlovák