Der innovative Schnelltest, der von einem europäischen Konsortium unter Koordination des Schulungszentrums für Management im Gesundheitswesen der Semmelweis-Universität (EMK) entwickelt und gefördert wird, mag dem internationalen Markt mindestens ein Jahr voraus sein und wird innerhalb weniger Jahre die Diagnose der antibiotikaresistenten Bakterien grundlegend neu definieren.  Leider sind diese Krankheitserreger derzeit für mehr als 30.000 Todesfälle pro Jahr in Europa verantwortlich, und der Mangel an neuen Medikamenten macht die schnelle Diagnose und gezielte Therapie wichtiger denn je.

Die schnelle Verbreitung arzneimittelresistenter Erreger ist ein globales Problem für die öffentliche Gesundheit: Allein in europäischen Krankenhäusern infizieren sich jedes Jahr 426 000 Menschen. Wegen antimikrobieller Resistenz (AMR) steigt die Zahl der Todesfälle ständig: die multiresistenten Bakterien verursachen jedes Jahr mindestens 33.000 Todesfälle in Europa und spielen weltweit eine führende Rolle beim Tod von etwa 700.000 Menschen. Wenn diese Tendenz weitergeht, werden nach Schätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bis zum Jahr 2050 jedes Jahr 10 Millionen Menschen an Infektionen sterben, die durch „Superbakterien“ verursacht werden.  Dies übersteigt die Anzahl der prognostizierten 8,2 Millionen Krebstoten und die Antibiotikaresistenz wäre zur häufigsten Todesursache der Welt.

Ohne geeignete Maßnahmen können Krankheiten – die bisher unter Kontrolle gehalten werden konnten (wie Tuberkulose oder Sepsis) – schließlich nicht behandelt werden, und die verschiedenen immunsuppressiven oder invasiven medizinischen Eingriffe sind mit einem wesentlich höheren Risiko verbunden. Die Europäische Kommission hat dies erkannt, und 2017 einen Aktionsplan verabschiedet, in dem sie zu internationalen Maßnahmen aufruft und feststellt: Eine schnelle und zuverlässige AMR-Diagnose ist der Schlüssel dafür, dass Patienten eine angemessene Behandlung erhalten, und diese so schnell wie möglich eingeführt werden kann.

In Verbindung mit diesem Aktionsplan startete man mit zahlreichen weiteren fördernden Initiativen. Eines davon ist das Projekt AMR DetecTool, das 2020 mit finanzieller Unterstützung des Europäischen Innovations- und Technologieinstituts (EIT) ins Leben gerufen wurde, an dem die Semmelweis-Universität über das professionelle Netzwerk des Schulungszentrums für Management im Gesundheitswesen (EMK) von Anfang an aktiv beteiligt war. Im Rahmen des dreijährigen Programms werden Experten aus 14 europäischen Organisationen unter der Leitung renommierter französischer und spanischer Einrichtungen zusammenarbeiten, um ein neues Diagnoseinstrument für multiresistente Bakterien zu entwickeln, das schneller, leichter zugänglich und einfacher zu handhaben ist als je zuvor.

Bei Anwendung der gegenwärtigen Methoden muss man mindestens 24 Stunden warten, bis das Ergebnis da ist; die den PCR-Tests ähnlichen Untersuchungen sind ziemlich teuer, und es sind spezielle Ausrüstungen bzw. ausgebildetes Personal dazu nötig, die in nicht jedem Krankenhaus erreichbar sind. Mit Hilfe des innovativen AMR DetecTool-Schnelltest sind die wichtigsten Resistenzmechanismen direkt aus der Testprobe – ohne dass die Bakterien kultiviert werden müssen – nachzuweisen. Dank dieser Methode kann der Patient in kurzer Zeit, im Idealfall in 30 Minuten nach der Probeentnahme das entsprechende Antibiotikum bekommen – sagte Zoltán Albert Aszalós ungarischer Projektleiter, Mitarbeiter des EMK.

Das Tool erkennt Enzyme, die von Bakterien durch Antigen-Antikörper-Reaktionen produziert werden, um Resistenzmechanismen zu identifizieren, die epidemiologisch relevant sind, oder in Gesundheitseinrichtungen häufig vorkommen. Derzeit läuft die klinische Validierung von fünf Testtypen, an der das Institut für Laboratoriumsmedizin und das Institut für medizinische Mikrobiologie der Semmelweis-Universität beteiligt sind, was für den künftigen Erfolg des Diagnoseinstruments entscheidend sein kann. Das AMR DetecTool wird in Zusammenarbeit mit dem französischen Unternehmen NG Biotech entwickelt. Es soll die Präzisität der derzeitigen Labormethoden erreichen, aber die beiden Hauptelemente, der Teststreifen und das Vakuumsystem zur Konzentration der Probe, brauchen noch Zeit, um perfektioniert zu werden. Dank der internationalen Zusammenarbeit ist das Projekt jedoch auf einem guten Weg. Die drei zentralen Testorganisationen – Der öffentliche Krankenhausverband AP-HP in Paris, das Universitätskrankenhaus von Barcelona und die Semmelweis-Universität – sowie die Experten der anderen beteiligten Organisationen lernen sehr viel voneinander.

Unsere Mikrobiologen, die die Krankenhäuser von Paris und Barcelona besuchten, konnten dort wertvolle Erfahrungen sammeln. Ich denke, man kann mit Sicherheit sagen, dass diese Entwicklung zu den Ersten im Bereich gehört, und ist mindestens ein Jahr der Konkurrenz voraus und auch weltführend“ – formulierte Zoltán Albert Aszalós.

Außer den oben genannten Institutionen wird die Wirksamkeit des Schnelltests in weiteren sieben europäischen Krankenhäusern, darunter im Laboratorium für Mikrobiologie des Süd-Pester Krankenhauses in Budapest geprüft. Die Ergebnisse sind mit großer Vorfreude erwartet. Die medizinischen Institutionen könnten von AMR-Schnelltests stark profitieren, dadurch wäre ja der Krankenhausaufenthalt der Patienten deutlich kürzer. Man könnte viel Geld sparen, und auch die Verbreitung multiresistenter Bakterien wäre langsamer – betonte der Projektleiter.

Beim Start des Programms wurde das Schulungszentrum für Management im Gesundheitswesen der Semmelweis Universität beauftragt, damit sie bei der Organisation des Wissensmanagements dieses umfangreichen Projektes behilflich werden. Weiterhin wurden zwei englischsprachige Internetportale erstellt, um das Projekt zu fördern. Die Internetseite amrdetect.eu richtet sich in erster Linie an die breite Öffentlichkeit, um die Aufmerksamkeit auf das wachsende Problem der arzneimittelresistenten Krankheitserreger zu lenken, und die Mission des Projekts sowie die aktuellen Themen durch spannende Videofilme und aufschlussreichen Artikeln zu präsentieren. Auch an die spielerische Seite der Nutzer wurde gedacht: Neben Englisch sind Quizze auch auf Spanisch, Französisch und Ungarisch auf der Seite zu finden. 

Das amrexpert.eu ist ein Wissensportal für Experten, auf dem die Informationen gesammelt wurden, die man benötigt, um das Diagnosetool professionell zu nutzen. „Wir hoffen, dass die Informationen in etwa zeigen werden, wie viel Zeit mit der neuen Methode gespart werden kann, in welchem Maße medikamentöse Behandlung wirksamer ist und welche finanzielle Einsparungen auf Krankenhausebene oder auf der Ebene eines nationalen Gesundheitssystems möglich sind“ – sagte Zoltán Albert Aszalós. Dann fügte er dazu: ein Freiwilliger der United States Agency for International Development (USAID), die von John F. Kennedy gegründet wurde, arbeitete ebenfalls an dem Wissensportal in Budapest, da die in Washington ansässige Organisation das Kommunikationsteam des Projekts unterstützte.

Seit 2015 ist die Semmelweis-Universität Mitglied der Division „Health“ des EIT, die für das Projekt verantwortlich ist, und in der rund 150 Organisationen zusammenarbeiten. Es handelt sich praktisch um einen Eliteclub, der einen unglaublichen Wissenstransfer für europäische Fachleute – darunter den Mitarbeiter der Universität – bietet. Dadurch können sie eine solche internationale Bühne betreten, auf der sie in den kommenden Jahren mit den besten europäischen Forschern zusammenarbeiten können. „Durch das AMR DetecTool und Projekte wie dieses wird Europa fähig sein, mit den innovativsten Regionen der Welt Schritt zu halten. Auf diese Weise können wir sicherstellen, dass Europa – und damit auch Ungarn – an der Spitze der Gesundheitsinnovation steht und sich an Spitzenforschung der Welt teilnehmen kann“, sagte Zoltán Albert Aszalós.

 

Viktória Kiss
Foto: Attila Kovács – SemmelweIs Universität,
Übersetzung: Judit Szlovák