Im Rahmen eines Interviews sprach Dr. Béla Merkely über die Aufgaben, Zuständigkeiten und Daten der Arbeitsgruppe für Klinische Epidemieanalyse, in der führende Infektiologen, Epidemiologen und Leiter klinischer Zentren aus den vier ungarischen medizinischen Universitäten zusammenarbeiten. Mit aktuellen Querschnittsdaten und praktischer Erfahrung im Klinikum tragen sie seit eineinhalb Jahren als Berater zur Bekämpfung der Epidemie bei. Nach den neuesten Daten waren 54 der 56 Patienten, die an der Semmelweis Universität wegen COVID-19 eine ECMO-Behandlung erhielten, nicht geimpft, während zwei Patienten schon zweimal geimpft wurden”, sagte der Rektor und Leiter der Arbeitsgruppe Dr. Béla Merkely.

Seit dem 22. März 2020 ist die Arbeitsgruppe für Klinische Epidemieanalyse tätig, in der Infektiologen, Epidemiologen und Leiter der klinischen Zentren der vier ungarischen medizinischen Universitäten zusammenarbeiten. Die von Dr. Béla Merkely geleitete Gruppe stellt vor allem praktische, klinische Erfahrungen zur Verfügung, um zur Eindämmung der Epidemie beizutragen: dabei werden die Auswirkungen der Infektion in der konkreten Patientenversorgung analysiert. Dementsprechend erstellen sie keine mathematischen Modelle, sondern versuchen, die Dynamik der Ausbreitung der Epidemie aufgrund klinischer Daten und medizinischer Erfahrungen zu beschreiben, wobei sie verschiedene Modelle, Optionen und Wirkungsmechanismen verwenden. Darüber hinaus beobachten die Experten ständig ausländische Daten, fachliche Publikationen und wissenschaftliche Beiträge, und die vier Einrichtungen tauschen ihre Erfahrungen und Best-Practice-Übungen in der Patientenversorgung aus.

Eine dieser aktuellen Daten, die wir mit den anderen drei Universitäten geteilt haben, besagt, dass an der Semmelweis-Universität 54 der 56 Patienten, die wegen COVID-19 eine ECMO-Behandlung erhielten, nicht geimpft waren, während zwei Patienten zwei Impfungen erhalten hatten, aber erst nach 180 Tagen geimpft wurden, als bei ihnen das Coronavirus diagnostiziert wurde” – erklärte der Rektor und Leiter der Arbeitsgruppe für Klinische Epidemieanalyse Dr. Béla Merkely. Er fügte hinzu, dass solche Daten der beste Beweis für die Notwendigkeit und Wirksamkeit von Impfungen sind.

Während der ersten zwei Pandemiewellen des vergangenen Jahres arbeitete die Arbeitsgruppe an der Auswertung der verfügbaren PCR-Testergebnisse zum Nachweis des neuen Coronavirus kontinuierlich, die von den vier Universitäten und einem landesweit tätigen privaten Labor bereitgestellt wurden. Aufgrund dieser Testergebnisse wurden die Angaben der Personen, die an PCR-Tests teilnahmen, in drei Kategorien eingeteilt: Patienten mit COVID-Symptomen, bestätigte enge Kontakte, und sonstige (Screening). Nach dem Beginn der Impfung im vergangenen Dezember wurden die Erfahrungen ausgetauscht, und die ungarischen Universitäten gehörten zu den ersten, die mit der Impfung bestimmter Gruppen (Schwangere, Mütter, Kinder unter 18 Jahren) begannen. Und ihre Erfahrungen bestätigten die Sicherheit der Impfstoffe. Die Arbeitsgruppe tritt je nach epidemiologischer Situation in unterschiedlichen Abständen zusammen: wenn die Ausbreitung der Infektion dies erforderte, tagte sie täglich, oft auch an Wochenenden, und aktuell tagt sie zweimal pro Woche online.

Die Klinischen Zentren der vier ungarischen medizinischen Universitäten sind als Gesundheitsdienstleister verpflichtet, epidemiologische Daten an das Nationale Volksgesundheitszentrums (NNK) zu melden. In den Sitzungen der Arbeitsgruppe werden aber nicht nur Daten vom öffentlichen Interesse mitgeteilt. Die Einrichtungen erheben aggregierte Daten zur Patientenversorgung und präsentieren den Teilnehmern die daraus resultierenden Querschnittsinformationen, die die aktuelle Situation widerspiegeln. Die Arbeitsgruppe für klinische Epidemieanalyse prüft diese Informationen, und gibt unter Berücksichtigung der in klinischen Bereichen gesammelten Erfahrungen, der Best-Practice-Übungen und der Qualitätskontrollverfahren Konsensempfehlungen und Empfehlungen an den Leiter des Operativen Stabes ab. Die öffentlichen Daten gehören dem NNK, während die Kontrolle über ihre eigenen internen Informationen bezüglich Patientenversorgung die Einrichtungen haben. Dementsprechend darf keine der Universitäten Daten von den anderen drei Einrichtungen weitergeben, und sie dürfen – selbst im Falle einer öffentlichen Datenanfrage – im Namen der anderen Institutionen keine Informationen vermitteln. Der Rektor und die Experten der Semmelweis-Universität haben aufgrund ihrer Rolle in der Arbeitsgruppe Kenntnis von den aggregierten Daten, aber sie haben als Dateneigentümer keine Kontrolle darüber und dürfen diese Informationen daher nicht verwalten oder offenlegen. Bei ihrer Arbeit dürfen sie nur die wichtigsten aggregierten Daten an die Öffentlichkeit weitergeben.

“In den letzten Monaten mussten wir uns mit den Auswirkungen von COVID-19 nicht nur in der Patientenversorgung auseinandersetzen, sondern auch mit der Öffentlichkeit, wo Laien die Ergebnisse wissenschaftlicher Arbeit „interpretieren“ und als Wahrheit verkünden. Die Infodemie stärkt die Kräfte der Impfgegner und vergrößert die Unsicherheit in Bezug auf die Pandemiebekämpfung, obwohl wir wissen, dass die Impfung das einzige Mittel ist, um die Epidemie mittel- bzw. langfristig zu besiegen. Jedes Gerücht, das die Ärzte angreift und versucht, sie während einer Pandemie zu untergraben, schwächt die Epidemiebekämpfung, stiftet Verwirrung und verringert die Impfbereitschaft, wodurch die Zahl der Erkrankungen und Todesfälle steigt” – betonte Dr. Béla Merkely.

 

Übersetzung: Judit Szlovák