An der Semmelweis-Universität hat sich die Zahl der Kleinkinder, die wegen Atemwegsbeschwerden in Kliniken behandelt werden, in den letzten Monaten auf das Acht- bis Zehnfache erhöht. Die plötzliche Gesundheitsverschlechterung wird bei ihnen nicht durch das Coronavirus, sondern durch einen anderen – für Erkrankung der oberen Atemwege verantwortlichen – Erreger, das sogenannte RSV (respiratory syncytial virus) verursacht. RSV ist ein seit langem bekannter, hochvirulenter Erreger, der sich durch Tröpfcheninfektion verbreitet, aber seit Jahrzehnten keine Epidemie dieses Ausmaßes wie in diesem Jahr verursachte – erklärte Dr. Attila Szabó. Dabei sind Früh- und Neugeborene sowie Säuglinge besonders gefährdet. Bei diesen Kindern tritt die schwere Entzündung der kleinen Atemwege (Bronchiolitis) oder sogar eine Lungenentzündung häufiger auf, die auch die Sauerstoffaufnahme verhindern kann – berichtete der Kinderpezialist und Präsident des Klinischen Zentrums.

Die Saison für RSV-Infektionen fällt in den Spätherbst und noch mehr in die Wintermonate, aber in diesem Jahr sehen wir eine Veränderung, da wir seit Anfang Oktober eine hohe Anzahl von RSV-Patienten in der I. Klinik für Pädiatrie der Universität haben – sagte Dr. Attila Szabó. Zur raschen Verbreitung des Erregers trägt die Inkubationszeit bei, die bis zum Auftreten der ersten Symptome im Durchschnitt 4-5 Tage dauert – fügte er noch dazu. Die infizierte Person kann die Krankheit an andere Personen in ihrer Umgebung auch während dieser Zeit weitergeben.

Bei Kindern im Vorschul- und Schulalter sowie bei älteren Kindern und Erwachsenen stellt die Krankheit in der Regel kein ernstes Problem dar. Meistens haben diese Patienten nur Schnupfen, Fieber, Appetitlosigkeit (einfache Erkältung), daher sind sie diejenigen, die das Virus weitergeben.

Der Kinderarzt weist darauf hin, dass es derzeit keine spezifische Therapie oder spezifisches Medikament gegen die durch das Virus verursachte Infektion gibt, so soll die Vorbeugung im Vordergrund stehen. Die Mittel zur Vorbeugung haben wir während des COVID-19-Pandemie schon erlernen müssen: das sind häufiges Händewaschen, Maskentragen, Flächendesinfektion und soziale Distanzierung. Das RSV bleibt auf festen Oberflächen (z.B. Türklinke, Telefon) etwa 7-8 Stunden infektionsfähig.

Symptome der oberen Atemwege sollten sofort behandelt werden, wenn bei den Kleinkindern eine schnelle Atmung, Keuchen und ein unregelmäßiger, nicht abklingender Husten auftreten. Bei Früh- oder Neugeborenen können Fütterungsschwierigkeiten auch ein wichtiges Warnzeichen für das Risiko einer Dehydrierung sein. Die stationäre Behandlung ist bei den Kindern dann notwendig, wenn die kleinen Atemwege schwer entzündet sind, und sie eine Sauerstofftherapie oder Infusionsbehandlung bzw. Überwachung wegen Dehydrierung benötigen. Anders als in den vergangenen Jahrzehnten hatten wir in diesem Jahr Fälle, die einen Krankenhausaufenthalt im Alter von bis zu 6 Jahren erforderten – sagt Dr. Attila Szabó.

Zur Vorbeugung der RSV-Infektion gibt es keine traditionelle Schutzimpfung. Die zur höchsten Risikogruppe gehörenden Kinder (unter 2 Jahren) sind jedoch berechtigt, eine passive Immunisierung zu bekommen. Das bedeutet, dass der Impfstoff in den Muskel injiziert wird. Dadurch kann aber nur eine kurzfristige Immunität erreicht werden. Zum Nachweis der Infektion gibt es einen Schnelltest. Außerdem kann der PCR-Test (den wir schon während der Coronavirus-Epidemie kennenlernten) ein sicheres Ergebnis liefern. Bei dem positiven Testergebnis gibt es weder Quarantänepflicht, noch eine automatische Krankenhauseinweisung.

Eszter Kovács
Foto: Attila Kovács – Semmelweis Universität
Übersetzung: Judit Szlovák