Am 8. August endeten die XXXII. Olympischen Sommerspiele in Tokio mit der offiziellen Abschlusszeremonie, wo die 175-köpfige ungarische olympische Mannschaft im Gesamt-Medaillenspiegel den 15. Platz erreichte. Die Semmelweis Universität spielte aktive Rolle bei der medizinischen Vorbereitung der ungarischen Sportler bei mehreren Sportarten, und einige sportmedizinische Experte der Universität unterstützten die erfolgreiche Teilnahme der olympischen Mannschaften vor Ort. Dr. Béla Merkely Rektor nahm als Mitglied des sportmedizinischen Komitees vom Internationalen Schwimmverband (FINA) an den Wassersport-Wettkämpfen teil, und sprach im ersten Teil unseres Berichtes über die Zusammenarbeit zwischen der Universität und den Sportverbänden sowie erzählte über seine Erfahrungen. Im zweiten Teil unseres Berichtes befragten wir die Mitarbeiter des Lehrstuhls für Sportmedizin und Kardiologie vom Városmajor Herz- und Gefäßzentrum, die verschiedene sportmedizinischen Aufgaben an der Ungarischen Olympiamannschaft und einigen Nationalmannschaften erfüllten. Unsere Fragen wurden von Dr. András Tállay, Dr. Attila Pavlik, Dr. Nóra Sydó, Dr. Zsolt Komka und Dr. Tamás Halasi beantwortet. 

Dr. András Tállay, Senior Lecturer des Lehrstuhls für Sportmedizin, Präsident des Ungarischen Arztkomitees des MOB, leitender Arzt der Ungarischen Olympiamannschaft und Vizemannschaftsleiter.

Für welche Wettkämpfe waren Sie zuständig, welche waren Ihre wichtigsten Aufgaben und was war die größte Herausforderung für Sie?
Als leitender Arzt der Ungarischen Olympiamannschaft war ich selbstverständlich für alle Veranstaltungen zuständig, als Arzt nahm ich aber an den Wettkämpfen von Triathlon, Mountainbike, Surfen, Segeln, Gewichtheben und Ringen teil. Die größte Herausforderung für mich war, damit wir den verletzt ankommenden Triathlon-Kämpfer Bence Bicsák und die Schwertkämpferin Anna Márton in einen solchen Zustand bringen konnten, damit sie in der Lage waren, am Wettkampf teilzunehmen. Es war eine große Freude für uns, dass wir es schaffen konnten.

Hatten Sie in Tokio Fälle bezüglich Ihres Fachgebietes, deren Erfahrungen Sie auch in der Zukunft nutzen können?
Eine wichtige sportmedizinische Beobachtung während meiner achten Olympia-Teilnahme war, dass wegen COVID-Maßnahmen die Erkrankungen der oberen Atemwege und die Magen-Darm-Erkrankungen viel weniger wurden. Die Vorbeugung der Magen-Darm-Erkrankungen wurde durch die von uns empfohlene Prävention – Einnahme von Probiotika eine Woche vor dem Flug nach Tokio – auch unterstützt.

Die aus Sicherheitsgründen, ohne Zuschauer veranstalteten Olympischen Spiele hatten eine völlig andere Atmosphäre und Wettkämpfe wie die Olympiaden davor. Die Fans wurden durch die Sportfreunde, Kollegen und Mitarbeiter des olympischen Personals ersetzt. Welche neuen Erlebnisse hatten Sie in dieser neuen Situation?
Wir hoffen, wir werden keine solche Olympische Spiele mehr haben; es war ganz ungewöhnlich, dass man da neben Anweisungen des Trainers auch  die Schritte der Menschen hören konnte. Es gab mehrere Sportler, die sich bei mir fürs Jubeln bedankten, da sie uns wegen den fehlenden Zuschauern gut sehen und hören konnten.

Wenn Sie auf eine Postkarte nur einen einzigen Satz über Tokio schreiben könnte: wie würde der Satz lauten?
„Ich hätte es nicht geglaubt, aber es war eine gut gelungene Veranstaltung. Es lohnte sich, sie durchzuführen.

Dr. Attila Pavlik Senior Lecturer des Lehrstuhls für Sportmedizin, zukünftiger Präsident der Ungarischen Gesellschaft für Sportmedizin.

Für welche Wettkämpfe waren Sie zuständig, welche waren Ihre wichtigsten Aufgaben und was war die größte Herausforderung für Sie?
In erster Linie war ich für die Wasserballnationalmannschaft der Frauen und die Nationalmannschaft für Tischtennis tätig, aber auch die Ereignisse der Handballnationalmannschaft der Frauen und die Segelwettkämpfe versuchte ich zu verfolgen. Ich möchte keinen konkreten medizinischen Fall hervorheben.

Hatten Sie in Tokio Fälle bezüglich Ihres Fachgebietes, deren Erfahrungen Sie auch in der Zukunft nutzen können?
Zum Glück gab es in Tokio viel weniger Infektionsfälle wie sonst. Dies war höchstwahrscheinlich dem Maskentragen und dem regelmäßigen Desinfizieren wegen COVID-19 zu danken.

Die aus Sicherheitsgründen, ohne Zuschauer veranstalteten Olympischen Spiele hatten eine völlig andere Atmosphäre und Wettkämpfe wie die Olympiaden davor. Die Fans wurden durch die Sportfreunde, Kollegen und Mitarbeiter des olympischen Personals ersetzt. Welche neuen Erlebnisse hatten Sie in dieser neuen Situation?Wegen fehlendem Jubeln der Fans konnte man mit den Sportlern während den jetzigen Wettkämpfen viel leichter kommunizieren. Ich fand interessant, dass die Gespräche der Spieler untereinander gut zu hören waren. Die Stimmung der Wettkämpfe war aber wegen fehlenden Zuschauern wesentlich schlechter.

Wenn Sie auf eine Postkarte nur einen einzigen Satz über Tokio schreiben könnte: wie würde der Satz lauten?
Die diesjährigen Olympischen Spiele waren viel spannender, wie erwartet; die Sportler haben eine fantastische Leistung gezeigt!

Dr. Nóra Sydó Assistant Lecturer des Lehrstuhls für Sportmedizin, Mannschaftsärztin der Schwimm-Nationalmannschaft

Für welche Wettkämpfe waren Sie zuständig, welche waren Ihre wichtigsten Aufgaben und was war die größte Herausforderung für Sie?
Als zuständige Ärztin unserer Schwimmer nahm ich an ihren Wettkämpfen teil. Leider durfte ich wegen den strengen COVID-19-Regelungen andere Wettkämpfe nicht besuchen. Dafür hätte ich aber sowieso keine Zeit gehabt, da ich die größte Mannschaft hatte, insgesamt 34 Schwimmer gehörten zu mir. Die Vorrunden fanden nachmittags statt, die Finalen vormittags. Dies war recht ungewöhnlich, da es bei allen Schwimm-Wettkämpfen umgekehrt ist. So mussten jede Schwimmer schon früh am Morgen in Topform sein. Zum Glück kam ernstere Erkrankung unter den Schwimmern nicht vor. Meiner Meinung nach war der Grund dafür, dass jeder Sportler im hervorragendem Zustand nach Tokio flog. Dazu trug auch bei, dass alle Sportler an einer ausführlichen sportkardiologischen Untersuchung im Városmajor Herz- und Gefäßzentrum teilnahmen. Diese Untersuchung führten wir mit meiner Kollegin Dr. Emese Csulak gemeinsam durch, und die Leistung beeinflussenden Faktoren wurden korrigiert.

Hatten Sie in Tokio Fälle bezüglich Ihres Fachgebietes, deren Erfahrungen Sie auch in der Zukunft nutzen können?
Das Zusammenhalten und die Ordentlichkeit einiger Mannschaften fasziniert mich immer. Am Pool zum Aufwärmen hat jede Mannschaft ihren bestimmten Platz, wo sich die Sportler umziehen, Aufwärmübungen machen und sich auf den Wettkampf vorbereiten können. Bei der britischen Mannschaft uns gegenüber gab es separates Personal, das das Aufwärmtraining durchführte und die nötigen Geräte, Wärmemäntel und sonstige Hilfsmittel vorbereitete. Auch unsere Mannschaft entwickelt sich kontinuierlich; wir nahmen z.B. Nahrungsergänzungsmittel-Paket, das von unseren Diätassistenten zusammengestellt wurde, mit. Neue Ideen kann man aber bei jedem Wettkampf  von den anderen Mannschaften abhören.

Die aus Sicherheitsgründen, ohne Zuschauer veranstalteten Olympischen Spiele hatten eine völlig andere Atmosphäre und Wettkämpfe wie die Olympiaden davor. Die Fans wurden durch die Sportfreunde, Kollegen und Mitarbeiter des olympischen Personals ersetzt. Welche neuen Erlebnisse hatten Sie in dieser neuen Situation?
Die Stimmung der Wettkämpfe war selbstverständlich anders, da in den Tribünen mit 15-Tausend Sitzplätzen nur etwa 2000 Sportler und Kollegen die Wettkämpfer unterstützten. In den letzten anderthalb Jahren gewöhnten sich aber die Sportler schon daran.

Wenn Sie auf eine Postkarte nur einen einzigen Satz über Tokio schreiben könnte: wie würde der Satz lauten?
Es war ein unbeschreibliches Erlebnis mit 32 Jahren an den XXXII. Olympischen Sommerspiele teilzunehmen.

Dr. Zsolt Komka Assistant Lecturer des Lehrstuhls für Kardiologie, Mannschaftsarzt der Kajak-Kanu Nationalmannschaft

Für welche Wettkämpfe waren Sie zuständig, welche waren Ihre wichtigsten Aufgaben und was war die größte Herausforderung für Sie?
Ich war die ganze Zeit für die Kajak-Kanu Nationalmannschaft zuständig. Neben Teamarzt-Aufgaben war ich auch als COVID-19-Verbindungsoffizier (COVID-19 Liaison Officer) tätig, was in der gegenwärtigen Virussituation eine große Verantwortung ist. Die wichtigste Spezialaufgabe bei einer Outdoor-Sportart – so auch bei Kajak-Kanu – aus medizinischer Hinsicht ist, damit man die 7-Stunden Zeitumstellung bei den Sportlern unterstützt. Die andere bedeutende Aufgabe war der optimale Flüssigkeits- und Elektrolytersatz, da die Sportler in Japan ihre Bestleistung unter extremen Umständen bringen mussten. Temperatur von 35 oder sogar 40 Grad Celsius mit einer relativen Luftfeuchtigkeit von 70-90 Prozent ist hier am Meeresufer überhaupt nicht selten. Die Organisatoren haben alles dafür getan, damit so wenig Unwohlsein wie möglich passiert; an vielen Stellen wurden Erfrischungsstationen aufgestellt, Verdunstungskühler und klimatisierte Erholungsräume stellte man ebenso zur Verfügung. Der Rettungsdienst hatte trotz dieser Sicherheitsmaßnahmen viele Aufgaben. Die ungarische Kajak-Kanu Nationalmannschaft bekam spezielle Kühlwesten vom Kajak-Kanu-Verein noch zu Hause, außerdem brachten wir auch Eisbadautomaten mit, die vor Ort wirklich gute Dienste leisteten. Die Aufgabe des Mannschaftsarztes ist, damit der Sportler am Tage des Wettkampfs sowohl körperlich als auch physisch im wettbewerbsfähigen Zustand ist. Bei der großen Anzahl unserer 34-köpfigen Delegation waren kleinere Probleme, wie Probleme der oberen Atemwege, des Magen-Darm-Systems, bzw.  Muskel-Skelett-Erkrankungen und Verletzungen unvermeidbar. Kleinere Erkrankungen kamen auch hier vor, die konnten wir aber behandeln. So konnte jeder Sportler am Wettkampf teilnehmen und die erwartete Leistung bringen.

Hatten Sie in Tokio Fälle bezüglich Ihres Fachgebietes, deren Erfahrungen Sie auch in der Zukunft nutzen können?
Wir bereiten uns seit mehrere Jahre speziell auf die Olympische Spiele von Tokio vor, im Jahre 2018 hatten wir zwei Wochen mit einer kleineren Mannschaft, mit 10 Sportlern vor Ort verbracht. Wir testeten das Trainingslager und den späteren Wettkampfort. Wir verfeinerten unsere Erfahrungen an den Vorolympischen Spielen 2019 weiter, wo wir die geplante Reise, die Akklimatisierung im Trainingslager, die Unterkünfte, das Rennen und die Streckenbedingungen modellierten. Aufgrund unserer Testergebnisse wurden gemeinsame MOB-Empfehlungen auf 2021 auch gemacht.

Die aus Sicherheitsgründen, ohne Zuschauer veranstalteten Olympischen Spiele hatten eine völlig andere Atmosphäre und Wettkämpfe wie die Olympiaden davor. Die Fans wurden durch die Sportfreunde, Kollegen und Mitarbeiter des olympischen Personals ersetzt. Welche neuen Erlebnisse hatten Sie in dieser neuen Situation?
Das Trainingslager war im Vergleich mit den bekannten Umständen vor Pandemie bedeutend strenger und geschlossener. In Japan ist die Anzahl der geimpften Personen sehr gering, trotz negative PCR-Testes und Beschwerdefreiheit wurden wir komplett isoliert, wir wurden mit einem Sonderbus geliefert, und das Trainingslager war nur für uns in bestimmten Zeitzonen offen; die örtlichen Menschen durften es nicht benutzen. Statt Fans konnten nur die Wettbewerber ihren Mitsportlern anfeuern, so konnte eine komplette Menge von Fans aus den Trainern und Teamleitern gebildet werden. Das kann die Stimmung einer großen Menge von Fans selbstverständlich nicht ersetzen, aber die Teameinheit konnte dadurch doch ein wenig verstärkt werden.

Wenn Sie auf eine Postkarte nur einen einzigen Satz über Tokio schreiben könnte: wie würde der Satz lauten?
“Faster, Higher, Stronger… Together.”

Dr. Tamás Halasi Universitätslehrer im Ruhestand am Lehrstuhl für Sportmedizin, Präsident der Ungarischen Gesellschaft für Sportmedizin, Mitglied des Arztkomitees von MOB

Für welche Wettkämpfe waren Sie zuständig, welche waren Ihre wichtigsten Aufgaben und was war die größte Herausforderung für Sie?
Ich war für Geräteturnen, Ringen und Rhythmische Gymnastik direkt zuständig, unterstützte aber auch die Federballspieler und Tischtennisspieler. Als Mitglied des sogenannten zentralen Teams hatte ich auch in der Ambulanz Dienst. In manchen Fällen besprachen wir die nötigen Behandlungen im Rahmen einer medizinischen Konsultation, es gab aber wenige solche Fälle. Über eine wahre fachliche Herausforderung kann ich zum Glück nicht berichten.

Hatten Sie in Tokio Fälle bezüglich Ihres Fachgebietes, deren Erfahrungen Sie auch in der Zukunft nutzen können?
Ich hatte keine neue Erfahrung, vielleicht aus dem Grund, dass die Spiele in Tokio meine fünften Olympischen Spiele waren.

Die aus Sicherheitsgründen, ohne Zuschauer veranstalteten Olympischen Spiele hatten eine völlig andere Atmosphäre und Wettkämpfe wie die Olympiaden davor. Die Fans wurden durch die Sportfreunde, Kollegen und Mitarbeiter des olympischen Personals ersetzt. Welche neuen Erlebnisse hatten Sie in dieser neuen Situation?
Die Fans und Zuschauer sind unersetzbar. Die an Wettkämpfen teilnehmende kleine ungarische Gruppe der Besatzung und Mediziner tat alles, was sie konnte.

Wenn Sie auf eine Postkarte nur einen einzigen Satz über Tokio schreiben könnte: wie würde der Satz lauten?
Die medizinische Tätigkeit war gut vorbereitet, stabil und zuverlässig. Die Olympischen Spiele waren im Vergleich mit den bisherigen Spielen farblos, aber für die ungarische Mannschaft erfolgreich.

 

Balázs Hiller
Quelle der Fotos: Dr. András Tállay, Dr. Zsolt Komka Zsolt, Dr. Attila Pavlik, Dr. Nóra Sydó
Übersetzung: Judit Szlovák