Forscher des Instituts für Verhaltenswissenschaften der Semmelweis Universität führten am Ende der dritten Welle der Pandemie eine landesweite Online-Befragung durch. Es wurde Antwort darauf gesucht, wie die wegen COVID-19 eingeführten Einschränkungen die körperliche Aktivität der Menschen änderten, und welche Wirkung die Pandemie auf ihren psychischen Zustand hatte. Die Wissenschaftler sind darauf gekommen, dass diejenigen, die die Einschränkungen wegen Pandemie als Herausforderung betrachteten, und ihre körperliche Aktivität erhöhten, waren am Abklingen der Pandemie in einem besseren psychischen Zustand. Im Gegensatz dazu waren aber diejenigen, die diese Phase als Bedrohung erlebten, und ihre Aktivität verringerten, in einem schlechteren Zustand.

Am Ende des XIX. Jahrhunderts wurde vom amerikanischen Arzt Walter Bradford Cannon der Begriff Kampf-oder-Flucht-Reaktion (fight or flight) eingeführt, die als Reaktion auf ein wahrgenommenes oder reales schädliches Ereignis auftritt.

Laut Wissenschaftler des Instituts für Verhaltenswissenschaften der Semmelweis Universität könnte diese Theorie die Erklärung fürs Verhalten der Personen sein, die die Einschränkungen wegen Pandemie als eine Art Herausforderung erlebten. Sie bewegten sich mehr, wurden aktiver, und waren deshalb am Abklingen der Pandemie in einem besseren psychischen Zustand, als die Personen, die diese Einschränkungen als Bedrohung betrachteten. Aus diesem Grund verringerte sich die körperliche Aktivität dieser zweiten Gruppe, die Personen dieser Gruppe bewegten sich auch weniger.

Ähnlich zu denjenigen, die ihre körperliche Aktivität erhöhten, verfügten auch die Personen über günstige psychische Kondition, die sich an die geänderten Möglichkeiten anpassen konnten. Sie änderten nur einen Teil ihre Sportgewohnheiten, die Häufigkeit blieb unverändert, nur der Ort wurde umgelegt. Das bedeutet folgendes: wenn man statt Indoor-Trainings im Fitness-Studio oder in der Schwimmhalle Outdoor-Trainings wie Radfahren, Laufen, Wandern macht, kann die physische Gesundheit trotz der strengsten Beschränkungen behalten werden – sagte Dr. Mónika Ditta Tóth Psychologin, Forschungsleiterin.

An der zwischen 15. April und 15. Juni 2021 durchgeführten Online-Befragung mit dem Titel „Wirkung der COVID-19 auf Sportgewohnheiten und psychische Gesundheit bei der ungarischen Bevölkerung“ nahmen 1334 Personen über 18 Jahre teil. Seit Anfang der Pandemie änderte sich die körperliche Aktivität bei 30 % der Befragten nicht; bei 37% verringerte sich die Aktivität, und 31% der befragten Personen bewegte sich wegen Pandemie mehr, als in der Zeit vor den Einschränkungen. Laut Untersuchungen wurde nach Einbruch der Pandemie bei vielen Menschen eine Gewichtszunahme wegen Einsamkeit, HO-Arbeit und sitzender Lebensweise festgestellt. Dei 34% der Befragten wurde eine Gewichtszunahme beobachtet; bei 43% der befragten Personen blieb das Gewicht unverändert, und 22% von ihnen nahm ab – erklärte die Psychologin.

Es ist nicht überraschend, dass die Personen, die sich während der Pandemie – verglichen mit der Zeit davor – weniger Sport machten, über eine häufigere Gewichtszunahme berichteten. Bei den Personen, die aber körperlich aktiver waren, blieb das Gewicht unverändert (43%) oder verringerte sich weiter (31%).

Die an der Untersuchung teilgenommenen Personen bewerteten auch ihren eigenen Gesundheitszustand. Aufgrund dieser Bewertung stellte sich folgendes heraus: die Personen, die aktiver geworden sind, bzw. diejenigen, die ihre Gewohnheiten beibehielten, bewerteten ihren eigenen Gesundheitszustand günstiger, als die Menschen, die während der Pandemie passiver waren.

In der Untersuchung wurde der Grad des wahrgenommenen Stresses auch untersucht. Die Teilnehmer wurden gefragt, wie stressig sie ihren Alltag fanden.

Laut dieser Befragung war die Stresstoleranz bei den Personen am Höchsten, die ihre körperliche Aktivität nicht änderten, bzw. sie war bei denjenigen am Niedrigsten, deren Sportaktivität sich wegen der Pandemie verringerte. Der Grad des wahrgenommenen Stresses war aber bei den Personen signifikant höher, die ihre körperliche Aktivität während der Pandemie erhöhten, im Gegensatz zu denen, die keine Änderung vornahmen. Möglicher Grund dafür ist, dass diese Menschen mehr Sport wegen dem höheren Stress  machten. Bei etwa der Hälfte der befragten Personen (49%) traten Symptome einer milderen Depression auf. Aufgrund einer landesweiten repräsentativen Befragung vom Jahre 2013 lag diese Zahl bei 30 Prozent, das gegenwärtige Ergebnis ist also ziemlich hoch

– fügte Dr. Mónika Ditta Tóth dazu.

Bei 62 Prozent der Personen, die auf eine mehr inaktive Lebensweise wechselten, traten Symptome einer milderen Depression auf, sowie bei den Personen, die während der Pandemie aktiver waren, war dieser Wert niedriger, aber immer noch hoch – lag bei 46 Prozent. Bei den Personen, die trotz Einschränkungen ihre körperlichen Aktivitäten nicht änderten, traten die Symptome der Depression seltener auf (64,5% von ihnen war von Depression nicht betroffen), als bei denen, die ihre körperliche Aktivität erhöhten oder verringerten.

Aufgrund durchgeführter Untersuchungen wurde festgestellt, dass die aktiver gewordenen Personen, bzw. diejenigen, die die gleiche Aktivität wie zuvor hatten, waren nach Pandemie in einem besseren psychischen Zustand, als ihre mehr inaktiven Mitmenschen.

Die inaktiveren Menschen befanden sich im schlechteren physischen und körperlichen Zustand, ihr Gewicht nahm zu, und trat bei denen klinische Depression (Depression, die zu behandeln ist) und höherer Stress häufiger auf. Ein Drittel der befragten Personen ist körperlich aktiver geworden, und diese hatten auch günstigere psychische Werte. Sie bezeichneten ihre Gesundheit als besser, ihr Gewicht blieb gleich, oder sie nahmen ab.

 

Quelle: Institut für Verhaltenswissenschaften
Deckblatt (Illustration): Pixabay.com
Übersetzung: Judit Szlovák