Anfang November wurden die klinischen Untersuchungen an der Semmelweis Universität und in manchen ungarischen Epidemiekrankenhäusern gestartet, wobei man die Wirksamkeit Fluvoxamin-Therapie zur Behandlung der Lungenfibrose prüft. Das Forschungsprogramm wird in Kooperation zwischen Semmelweis Universität, der Ungarischen Akademie der Wissenschaften und dem Universitäts-Spin-off-Unternehmen SigmaDrugs unter Leitung von Dr. Andrea Fekete verwirklicht.

Die COVID-19-Krankheit kann unseren Körper auf zweierlei Weise schädigen: es gibt Fälle, wenn sich dadurch die Grundkrankheit verschlechtert, z.B. wenn der Patient Herz- und Kreislaufprobleme, Nierenerkrankung oder onkologische Probleme hat; in anderen Fällen führt sie zu einer starken Immunreaktion – sagte Dr. Béla Merkely, Rektor der Semmelweis Universität. Die Ursache für die starke Immunantwort ist der sogenannte Zytokinsturm, die zu schwerer Pneumonie und Schädigung von mehreren Organen führen kann. Die Behandlung dieses Zytokinsturms, sowie der Lungenfibrose kann die Fluvoxamin-Therapie unterstützen – fügte Dr. Béla Merkely noch dazu.

Die Grundidee ist relativ einfach – betonte Dr. Andrea Fekete, Associate Professor der Semmelweis Universität, Mitgründer und Leiter des pharmazeutischen Startup-Unternehmens SigmaDrugs. Laut früherer neurobiologischer Forschungen wurde bewiesen, dass die Aktivierung des Sigma-1-Rezeptors die Entzündungsprozesse im Gehirn verringert, und er dadurch auf menschlichen Körper positiv wirkt. Über die Funktion des Sigma-1-Rezeptors schrieb man zum ersten Mal in den 1970-er Jahren. Man meinte, dass die wichtigste Rolle des Sigma-1-Rezeptors mit den Gehirnfunktionen zu verbinden ist. Es wurde vermutet, dass er u.a. das Gedächtnis und das menschliche Verhalten regeln kann. Aufgrund Forschungen des letzten ein und eineinhalb Jahrzehnten stellte sich heraus, dass  dieser Rezeptor auch in anderen Körperteilen vorhanden sein kann, und eine seiner wichtigsten Funktionen die Verringerung der Entzündung ist. Die Entdeckung, dass dieser Verteidigungsmechanismus – ähnlich zum zentralen Nervensystem – auch bei der Lunge, den Nieren und den Augen funktioniert, wurde von der unter Leitung von Dr. Andrea Fekete tätigen Forschungsgruppe an der I. Klinik für Pädiatrie erkannt. Ihre Entdeckung, dass der Sigma-1-Rezeptor bei Schädigung der Nieren wegen Sauerstoffmangel eine Rolle spielt, und dadurch eine gute Basis zu den diesbezüglichen Pharmaforschungen bilden kann – publizierte die Forschungsgruppe als Erste im Jahre 2016. Seitdem erhielt diese Entdeckung auch außerhalb von Europa, in den USA, Japan, China und Israel Patentschutz, und die Ergebnisse wurden in mehreren renommierten Fachzeitschriften publiziert.    

                                                                        

Die Schutzwirkung des Fluvoxamin können in folgenden zwei Fällen beobachtet werden – sagte Dr. Andrea Fekete. In der akuten Periode der wegen Coronavirus herausgebildeten Pneumonie dämmt das Fluvoxamin einerseits den sogenannten Zytokinsturm, d.h. es verringert das Produzieren von entzündungsfördernden Stoffen. Andererseits verringert das Fluvoxamin längerfristig das wegen Pneumonie entstandenen Kallusbildung, und dadurch wird die Lunge auf kleinerer Fläche beschädigt, d.h. die Beatmungsfläche bleibt größer. Als Therapieergebnis rechnet man damit, dass der häufig entstehende und länger bestehende Atemnot – als Komplikation der Coronavirus-Infektion – kürzer dauern wird.

Die Arbeitsgruppe reagierte sehr schnell und kreativ auf die Situation, die sich wegen Pandemie herausbildete – fügte Dr. Attila Szabó Direktor der I. Klinik für Pädiatrie, Vizerektor für klinische Angelegenheiten an der Semmelweis Universität. Es wurde die Möglichkeit untersucht, ob das Fluvoxamin bei der Therapie der akuten Pneumonie und ihrer längerfristigen Komplikationen wegen COVID-19-Infektion helfen kann. Die multidisziplinäre Forschungsgruppe, die aus Ärzten, Chemikern, Bioingenieuren und Biologen besteht (die Senior-Mitglieder sind: Dóra Balogh, Judit Hodrea und Ádám Hosszú) führten die nötigen Tierversuche rekordschnell durch – erklärte der Vizerektor. Aufgrund ihrer überzeugenden Forschungsergebnisse wurde vom Nationalen Institut für Pharmazie und Nutrition (OGYÉI) der Start der klinischen Untersuchungen im beschleunigten Verfahren genehmigt.

Die klinischen Untersuchungen, wobei hundert Krankenhaus-Patienten mit mittelschweren Symptomen ein Jahr lang beobachtet werden, können im November an der Semmelweis Universität beginnen. Diese Patienten werden während ihrer Krankenhausbehandlung und dann auch zu Hause die Tabletten mit Fluvoxamin bekommen. Die klinische Studie, deren Budget beinahe eine halbe Billion HUF beträgt, wird aus bedeutenden Regierungsquellen, eigenen Universitätsquellen, sowie aus Biotech-Privatinvestitionsquelle (Attila Várkonyi, Csaba Lantos, Ernő Duda und Csaba Rekeczky) verwirklicht.

In der Geschichte der ungarischen Pharmaforschung passiert sehr selten, dass ein einheimisches Patent in die zweite Phase der sogenannten klinischen Untersuchungen kommt, wenn das Testen eines Medikaments direkt an den Patienten ermöglicht wird – sagte Dr. Andrea Fekete. Mit unseren Mitarbeitern hoffen wir darauf, dass der Gesamtprozess – angefangen von der Grundforschung bis zur klinischen Anwendung ausschließlich in Kooperation von ungarischen Wissenschaftlern und Förderern verwirklicht wird, und die neue Therapie zur Heilung der COVID-19-Patienten beitragen kann.

 

Photo: Attila Kovács – Semmelweis Universität
Übersetzung: Judit Szlovák