Ein neues DNA-Sequenzierungsgerät ist an dem Institut für Genomische Medizin und Seltene Krankheiten installiert worden, das die schnelle Sequenzierung des menschlichen Genoms ermöglicht. Durch die brandneue Technologie können Erkrankungen des Nervensystems (so z.B. die Alzheimer-Krankheit, die Parkinson-Krankheit, Schizophrenie oder Autismus) sowie die Herausbildung von seltenen Erbkrankheiten, Tumoren und Hirnmetastasen effektiver und zeitgünstiger erforscht werden.
Die Leistung des Apparats ist das Hundertfache der ähnlichen Maschinen in der Region Mitteleuropa und ermöglicht die Durchführung von genomischen Untersuchungen für Diagnostik und Forschung auf höchstmöglichem Niveau. Von den Nachbarländern Ungarns ist so eine Möglichkeit nur in Wien zu erreichen.
Das Gerät, 25 Millionen Forint – mehr als achtzigtausend Euro – wert, konnte durch das ungarische Nationale Hirnforschungsprogramm erworben werden und wird für gemeinsame Forschungszwecke der Semmelweis Universität und des Pharmakonzerns Richter Gedeon Nyrt. genutzt – erläuterte Rektor Dr. Ágoston Szél an der Pressekonferenz anlässlich der Übergabe der Maschine. Der Sequenzierer von höchster Technologie unterstützt die Universität in ihrer Mission, niveauvolle Forschungen durchzuführen, die letztendlich zur Modernisierung der ärztlichen Ausbildung und effektiverer Therapie beitragen können. In nur zwei Tagen kann der Apparat das vollständige menschliche Genom erfassen. „Wir sind nun imstande, in unserem eigenen Labor die Inschrift entziffern, mit der der Schöpfer jedes einzelne Teilchen des Menschen bestimmt hat” – sagte Rektor Szél und setzte hinzu: auch die industriellen Kontakte können mithilfe des Sequenzierers gestärkt werden. „Die enge Zusammenarbeit der ungarischen akademischen und industriellen Sphäre stärkt auch das Innovationspotential des Landes”.
Das Gerät kann jene 3 Milliarden Basenpaare (also 6 Milliarden Zeichen) „lesen”, die das Genom eines Menschen ausmachen – erklärte an der Pressekonferenz Dr. Mária Judit Molnár, Vizerektorin für Wissenschaft und Direktorin des Instituts für Genomische Medizin und Seltene Krankheiten. Auf Papier geschrieben würde diese Datenmenge 3000 Stück 500-Seitige Bücher füllen. Die neue Technologie ermöglicht die Voraussagung des Risikos von einzelnen Krankheiten (wie etwa onkologische und kardiovaskuläre Erkrankungen, Parkinson-Krankheit oder Alzheimer-Krankheit) einer Person und kann auch personenbezogene Wirkungen und Nebenwirkungen von Medikamenten feststellen. Der Sequenzierautomat hilft auch bei der Diagnose von seltenen Krankheiten. Heute sind etwa 800.000 seltene Krankheiten bekannt, deren Diagnose oft 10 bis 20 Jahre dauern kann. Durch die Sequenzierung des gesamten Genoms wird auch die Diagnostik von Erbkrankheiten beschleunigt – so Vizerektorin Molnár.
Frau Dr. Molnár hob hervor, dass das Gerät vorerst für Forschungszwecke verwendet wird, in einigen Jahren aber schon zur Revolutionierung des Gesundheitswesens beitragen kann. Dr. Molnár hofft, dass neben den Forschern der Semmelweis Universität auch Forscher von anderen Instituten und der Pharmaindustrie den Sequenzierer für ihre Arbeit nutzen können.
Außerdem wird auch an der Herausbildung einer nationalen Gendatenbank gearbeitet, um auch Kontrolldaten über das Genom gesunder Menschen zu besitzen. Die neue Technologie ermöglicht auch populationsgenetische Untersuchungen; die Forscher der Semmelweis Universität planen eine umfassende Genomsequenzierung von 1000 ungarischen Patienten. Eine nationale Genomdatenbank würde nebst Prävention und gezielter Behandlung der ungarischen Bevölkerung auch bei der Forschung der Abstammung des ungarischen Volkes eine große Hilfe bedeuten.
Die Semmelweis Universität möchte ihr High-Tech-Innovationspotential auch in der molekularen Medizin stärken. Dr. Mária Judit Molnár hofft, dass durch die Aktivität der Semmelweis Universität Ungarn sich dem Beispiel der USA und von Großbritannien anschließen kann, wo die alltägliche Anwendung der molekulargenetischen Diagnostik als essentiell für das heutige Gesundheitswesen erachtet wird. Die Integrierung dieser Technologie in die alltägliche Routine könnte für hunderttausende Patienten eine schnellere Diagnosis und eine persönliche Therapie bedeuten.
Pálma Dobozi
Übersetzt von Marica Wild
Photo: Attila Kovács, Semmelweis Universität