Es wurde eine Zellengruppe, die die Antwort bei auftretender Gefahr im Gehirn regelt, von einer Arbeitsgruppe – geleitet von Wissenschaftlern der Semmelweis Universität – identifiziert. Über die Forschungsergebnisse der internationalen Kooperation, die im Rahmen des Nationalen Programms der Hirnforschung Ungarns unter Leitung der Arbeitsgruppe für Experimentelle Neuromorphologie und Entwicklungsbiologie gemacht wurde, wurde in einer der prestigevollsten internationalen Fachzeitschriften, in der Proceedings of the National Academy of Sciences of the U.S.A. berichtet.

Die Amygdala (Mandelkern) befindet sich im Temporallappen des Gehirns, und spielt eine entscheidende Rolle in der Verarbeitung und Speicherung emotionaler Reaktionen. Auf diesem Gebiet wurde von den Wissenschaftlern eine Zellengruppe identifiziert, die eine kritische Rolle bei der Herausbildung von Reaktionen auf auftretende Gefahr spielt. Die Wissenschaftler haben untersucht, durch welchen zerebralen Regulierungsprozess sich die verhaltensbezogene Antwort, d.h. das gegebene Verhalten bei Impulsen, die Gefahr signalisieren, herausbildet. Die Reaktion auf Gefahr ist eine aus sehr alten, instinktiven und einfachen Komponenten gestaltete Antwort, die in der Evolution eine grundlegende Bedingung des Überlebens ist.

„Wir haben die Nervenzellen eines Hirngebietes präzise bestimmt, die für die Reaktion auf Angst verantwortlich sind, und haben auch den Mechanismus beschrieben, während dessen durch diese Zellengruppe zugelassen wird, ob die Reaktion auf eine Gefahrsituation ausgelöst wird“ – sagte Dr. Alán Alpár, Leiter der Arbeitsgruppe für Experimentelle Neuromorphologie und Entwicklungsbiologie, (die Arbeitsgruppe wird durch das Nationale Programm der Hirnforschung Ungarns – NAP – unterstützt), und Direktor des Anatomischen, Histologischen und Embryologischen Instituts, sowie leitender Autor der gerade veröffentlichten Publikation. Die jetzt identifizierte Zellengruppe hat eine entscheidende Rolle, eine sogenannte Torwächter-Rolle in diesem Prozess – als Teil eines komplexen Regelungskreises, wobei die Tätigkeit der umgebenden Neurone beeinflusst wird. Aus diesem Grund wurden die Lage und die neurologischen Merkmale der Zellengruppe definiert – fügte Dr. Alán Alpár dazu. 

Die betroffene Zellenpopulation, sowie ihre Funktion wurden von den Wissenschaftlern an Tiermodellen identifiziert. Gleichzeitig wurde mit Hilfe von Proben der von Dr. Miklós Palkovits geleiteten  Human Brain Tissue Bank (HBTB) an der Semmelweis Universität nachgewiesen, dass es in der Amygdala des menschlichen Gehirns auf gleichem Gebiet Zellen mit selbigen neurochemischen Eigenschaften gibt.

“Funktionelle Untersuchungen am Menschen wurden noch nicht durchgeführt, da wir aber ein kritisches molekulares Moment identifizieren konnten, kann diese Zellengruppe längerfristig als Target für Pharmaka dienen“ – erklärte Dr. Alán Alpár. In diesem Zusammenhang betonte er dann  neben den neuen molekularen Akteuren  auch die Beschreibung  des neuen zellulären Mechanismus. Im Rahmen der ausführlichen, u.a. neurogenetischen Versuchen wurde die Rolle jenes Proteinmoleküles, welche der Zelle ermöglicht, ihre Rezeptoren zur Außenseite der Zellmembrane zu transportieren und dadurch Neurotransmitter empfangen zu können, identifiziert.  Falls in einem bestimmten Hirnbereich der Transport von Rezeptoren zellspezifisch unterbunden werden kann – ein sehr kleiner Eingriff im Verhältnis zur Gesamtheit der Funktionen  des menschlichen Organismus  – kann dies hinsichtlich der Herausbildung der gegebenen Verhaltensreaktionen von entscheidender Rolle sein – meinte Dr. Alán Alpár und fügte hinzu, wie der von ihnen beschriebene, die Bewegung spezifischer Rezeptor-Untereinheiten erklärende Mechanismus langfristig als therapeutisches Ziel angewandt werden kann.

Im Rahmen dieser Forschungsarbeit arbeitet das Team mit Professor Dr. Tibor Harkány, Lehrstuhlleiter für Molekulare Neurowissenschaften an der Medizinischen Universität Wien, sowie mit Dr. Tomas Hökfelt, Professor  des Karolinska Instituts, dem in 2015 der Semmelweis Budapest Award verliehen wurde. Die Arbeit wurde außerdem von der Forschungsgruppe des von NAP ebenfalls unterstützten Lehrstuhls für Physiologie und Neurobiologie der Universität ELTE unter Leitung von Dr. Katalin Schlett sowie von Mitarbeiterin des Forschungsinstituts für Experimentelle Medizinwissenschaften, Dr. Dóra Zelena unterstützt. Erstautorin der in Proceedings of the National Academy of Sciences of the U.S.A. veröffentlichten Publikation mit dem Titel „Secretagogin marks amygdaloid PKCd interneurons and modulates NMDA receptor availability” ist Dr. Zsófia Hevesi, PhD-Studentin von Dr. Alán Alpár.

 

Pálma Dobozi
Foto: Attila Kovács  – Semmelweis Universität
Übersetzung: Judit Szlovák