Im Rahmen des Ungarischen Hirnforschungsprogramm (ungarische Abkürzung: NAP) arbeitet die Forschungsgruppe von Prorektor Dr. György Bagdy an der Erforschung der biologischen und genomischen Hintergründe der Depression. Die Arbeitsgruppe publizierte bisher bereits 10 Artikel in den führenden wissenschaftlichen Zeitschriften der Welt. Hier stellten sie fest, dass ein Gen, das auch mit der Alzheimer-Krankheit in Verbindung steht, in der Herausbildung der Grübelneigung als Persönlichkeitszug eine zentrale Rolle spielt. Als Teil dieser Arbeit wurde auch die Genotypisierung einer aus 2500 Personen bestehenden Datenbank fertiggestellt.

Bis 2030 wird ein Drittel der Krankheitsbelastung der ganzen Welt von der unipolaren Depression herrühren – so Dr. Bagdy über die Aktualität des Themas. Im Rahmen des Programms NAP A sollen neue medizinische Zielpunkte für Antidepressiva ergründet werden; deshalb arbeitet die Forschungsgruppe an der Erforschung des biologischen Hintergrunds von depressiven Störungen. Hierzu wird das Genom untersucht, und mithilfe von Imaging wird dann festgestellt, welche Hirnregionen in der Herausbildung von depressiven Merkmalen und Angstsymptomen involviert sind.

Die Basis der jetzigen Forschungen gibt eine Datenbank mit Daten von 2500 Freiwilligen aus Ungarn und England, die im Rahmen des sog. „NewMood”-Projektes im Jahr 2004 erstellt wurde. Das Konsortium der EU wurde damals von Dr. Bagdy geleitet, mit der Teilnahme von Dozentin Dr. Gabriella Juhász, die sich inzwischen in einem Stipendienprogramm in Manchester befand. Die Datenbank beinhaltet detaillierte Informationen über frühere Krankheiten, medikamentöse Behandlungen, soziale Einflüsse, schulische Ausbildung, Persönlichkeitszüge und Mentalität, und daneben auch genetisches Material von allen Teilnehmern.

Die Datenbank wurde im Rahmen des NAP-Programmes weiter entwickelt und genotypisiert – so wurden zwei Millionen genetische Varianten pro Person festgestellt. Alle weiteren Untersuchungen werden auf Grundlage dieser Daten durchgeführt. „Unter anderem wollen wir wissen, welche biologische Faktoren, Persönlichkeitszüge, gedankliche und psychische Mechanismen Personen aufweisen können, die von der Depression am meisten gefährdet sind” – erläuterte Dr. Gabriella Juhász.

Die Forschungsgruppe veröffentlichte bisher im Rahmen des NAP-Programms mehr als 10 wissenschaftliche Studien. „Unter anderem haben wir festgestellt, dass eine Genvariante, die anhand früherer Untersuchungen auch mit der Alzheimer-Krankheit in Verbindung steht, ein Risiko für die sog. Rumination (Grübeln) darstellt, die typisch für Persönlichkeiten sind, die zur Depression neigen” – erklärte PhD-Studentin Nóra Eszlári die Ergebnisse ihrer Studie, die in der Zeitschrift Translational Psychiatry veröffentlicht wurde. „Wir haben die Zusammenhänge zwischen zwei Genen des Folat-Metabolismus und der Rumination erforscht, die sowohl in den ungarischen als auch in den englischen Mustern zu finden war” – so Eszlári weiter. „Das Grübeln kann neben der Depression auch zu weiteren pathologischen Vorgängen  führen und steigert das Risiko für Alkoholprobleme, Angststörungen oder Esssucht.”

Dr. Gabriella Juhász hob gleichzeitig hervor, dass im Falle von psychiatrischen Krankheiten die Wirkung des genetischen Faktors äußerst gering sei. „Ob jemand eine Neigung für psychiatrische Krankheiten entwickelt, wird vielmehr von der gemeinsamen Wirkung aller genetischen Varianten bestimmt. Soziale Einflüsse sind besonders prägend für die Herausbildung psychiatrischer Symptome. Für emotionale Einstellungen ist das limbische System des Gehirns verantwortlich, daher möchten wir mit Imaging-Techniken feststellen, welche Abweichungen Personen mit Grübelneigung im Vergleich von anderen in der Aktivität des Gehirns aufweisen. Anhand unserer bisherigen Ergebnisse können solche Abweichungen tatsächlich nachgewiesen werden, weshalb wir vermuten, dass die Grübelneigung auf dem Niveau des Gehirns bestimmt werden kann.”

Dr. György Bagdy, Prorektor für Forschung und Direktor des Instituts für Pharmakodynamik, betonte: „Die Identifizierung eines Gens in Verbindung einer Krankheit bedeutet immer auch eine neue Richtung in der Forschung nach potentiellen medikamentösen Zielpunkten. Oder aber können wir markant ruminöse Personen mit depressiven Erkrankungen als separate Gruppe behandeln, und ihre charakteristischen biologischen Prozesse individuell mit Medikamenten und Therapie beeinflussen.”

Dr. Gabriella Juhász leitet auch das Programm NAP B, das in erster Linie die Migräne erforscht. Im Projekt „Erforschung der Migräne furch fMRI und genetische Biomarker” konnte unter anderem festgestellt werden, dass Patienten die häufig unter Migräne leiden, und auch zum Grübeln neigen, eine erhöhte Neigung zu depressiven und Angststörungen aufweisen können.

Pálma Dobozi
Photos: Attila Kovács, Semmelweis Universität

Übersetzt von Marica Wild