Im Rahmen des ungarischen Hirnforschungsprogrammes ist eine infrastrukturelle Entwicklung der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie ermöglicht worden. Demzufolge sind zwei 256-kanälige Elektroenzephalografen (EEGs) an der Klinik installiert worden – gaben Prof. Dr. István Bitter und Dr. Pál Czobor, Leiter des Forschungsprogramms für Schizophrenie und Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS), bekannt.

Von klinischer Seite knüpfte die Forschungsarbeit zunächst an die Versorgung von erwachsenen Patienten mit ADHS und Schizophrenie an. In der nächsten Phase werden Untersuchungen mit EEG und MR miteinander verbunden.

Dr. István Bitter und Dr. Pál Czobor arbeiten seit Jahrzehnten zusammen.Von ihrer Forschungsarbeit erhoffen beide ein besseres Verständnis von ADHS und Schizophrenie und daher eine effektivere Therapie dieser Erkrankungen. Im Rahmen des NAP-Programmes haben sie dazu die 256-kanäligen EEGs erworben. Das moderne Gerät mit einem Elektrodensystem mit zahlreichen Sensoren kann eine hohe Zeitauflösung aufweisen, was mit einer ausgezeichneten Ortsauflösung einhergeht – erklärt Dr. Czobor. Bei der Nutzung des Gerätes kamen neue Fragen zum Vorschein, die sich direkt an die Forschungen anknüpfen; der EEG ermöglichte den Forschern, Aspekte der Hirnfunktionen beobachten zu können, die mit der früher verwendeten Technologie nicht erkennbar waren. So können nun Untersuchungen von internationalem Niveau verwirklicht werden.

Über die Forschungsergebnisse sagte Dr. Bitter: „ADHS bei Erwachsenen, typisch für etwa 2-3% der ungarischen Bevölkerung, ist eine bereits im Kindesalter beginnende neurobiologische Entwicklungsstörung, die oft auch im erwachsenen Alter erhalten bleibt. Einzelne Symptome (etwa Störungen der Konzentration oder Impulsivität) verursachen eine niedrige Lebensqualität, die sich neben dem Patienten auch auf dessen Umgebung, Beziehungen oder Arbeitsmöglichkeiten auswirken. Da das IQ der meisten Patienten den Werten der Kontrollgruppe entspricht, ergibt sich die Frage, wo die Hirnfunktionen der ADHS-Patienten von dem gesunden Standard abweichen. Die EEG-Untersuchungen haben u.a. gezeigt, dass das für die Erkennung von biologischen Bewegungen verantwortliche Hirnzentrum große Schaden aufweist, wobei die Hirnregion selber morfologisch intakt ist.”

 „Um diese neurobiologischen Abweichungen, die wir bei der Zielpopulation (Schizophrenie, ADHS) beobachtet haben, an besten charakterisieren zu können, haben wir neue Gruppen von Patienten mit Borderline-Störung und Kontrollpersonen in die Forschug mit einbezogen” – informiert Dr. Pál Czobor. „Diese Patienten zeigen fenotypisch ähnliche Symptome wie Personen mit ADHS und Schizophrenie – etwa Impulsivität, oder Störungen in der Verarbeitung von Emotionen und Informationen sowie in Prozessen der Verhaltenseinschätzung. Aber die betroffenen neuralen Systeme sind vermutlicherweise trotzfem unterschiedlich. Dank des NAP-Programms stehen jetzt schon zahlreiche Untersuchungsdaten der neuen EEG-Einrichtung zur Verfühung der Forschungsgruppe.

Die Forschungsergebnisse, die inzwischen schon mehrmals publiziert wurden, werfen neue Fragen auf, etwa, ob und wie medikamentöse Therapie sich auf den pathologischen bzw. normalen Zustand auswirken – so Dr. Bitter. „Obwohl für besondere Funktionen besondere Hirnregionen verantwortlich sind, liegt das Problem womöglich nicht nur in den Hirnregionen, sondern in den Verbindungen und Prozessen zwischen ihnen. Da diese Prozesse mithilfe von EEGs und MR zugleich verfolgt werden können, muss weiters eine MR-Einrichtung für Forschungszwecke erworben werden. EEG gibt zwar eine gute Zeitauslösung, dies könnte aber auch mit einem räumlichen MR-Bild ergänzt werden, um gänzlich verstehen zu können, wie es im Gehirn zugeht. Feshalb haben die Forscher bereits die Bewerbung zum Kauf einer neuen MR-Maschine eingereicht.

Eszter Keresztes
Photo: Attila Kovács – Semmelweis Universität

Übersetzt von Marica Wild